Autoresponder mit Werbung sind weiterhin problematisch

Eine aktuelle Berufungsentscheidung des LG Stuttgart (Urteil v. 4.2.2015, Az. 4 S 165/14) lässt viele Unternehmen aufatmen. Das Gericht entschied entgegen der Vorinstanz, dass Autoresponder-E-Mail mit Werbung keine unzumutbare Belästigung darstellen. Doch die Entscheidung gibt lediglich Anlass zu einem kurzen Durchatmen. Zum einen ist die Revision zum BGH zugelassen. Zum anderen betrifft die Entscheidung den eigentlichen Spam-Paragraphen des Wettbewerbsrechts nicht. Von Rechtsanwalt Daniel Schätzle, HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin, www.haerting.de.

Die Verzweiflung jeder Marketingabteilung musste groß sein, als vergangenes Jahr erneut eine werbefeindliche Entscheidung in Stuttgart erging. Die Vorinstanz (AG Stuttgart-Bad Cannstatt v. 25.4.2014, Az. 10 C 225/14) hatte die beklagte Versicherung noch zur Unterlassung verpflichtet. Diese habe Werbung per E-Mail ohne Einwilligung des Empfängers versendet. Daran ändere der Umstand nichts, dass die Werbung lediglich am Ende einer Autoresponder-E-Mail enthalten war. Wörtlich führt das Gericht aus: „Bereits der Versuch, den Adressaten einer Mitteilung gleichzeitig mit Werbung zu überziehen, verletzt diesen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht“.

Worum geht es?

Gegenüber standen sich ein Versicherungsunternehmen und ein ehemaliger Kunde. Letzterer hatte ein Haus erworben und damit auch eine dazugehörige Gebäudeversicherung. Die Versicherung habe der Kläger umgehend nach dem Erwerb gekündigt. Eine Rückmeldung auf seine Kündigung erhielt er jedoch nicht. Daher bat er per E-Mail um Bestätigung der Kündigung. Umgehend erreichte ihn daraufhin eine automatische Eingangsbestätigung, an deren Ende unter der Überschrift „Übrigens“ noch auf einen Unwetterwarndienst per SMS und eine iPhone-App hingewiesen wurde. Wobei die Hinweise mehr als die Hälfte der E-Mail ausmachten. Weitere Anfragen des Klägers folgten, u.a. an den Datenschutzbeauftragten, deren Eingang entsprechend automatisch bestätigt wurde.

LG Stuttgart: Keine Persönlichkeitsrechtsverletzung

Das Landgericht Stuttgart hob die Entscheidung des Amtsgerichts auf, da es letztlich an einer erforderlichen Erheblichkeit für eine Persönlichkeitsrechtsverletzung fehlt.

Das Gericht betonte, dass es sich gerade nicht um eine klassische Werbe-E-Mail handelte. Es wiederholte die Grundlagen, weshalb bei ungebetener Zusendung von Werbung ein Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des betroffenen angenommen wird. Dabei geht es um etwaige Kosten und den Aufwand für das Aussortieren unerwünschter E-Mails. Maßgeblich ist letztlich, dass der Empfänger einer Spam-E-Mail sich überhaupt mit dieser auseinandersetzen muss. Dies mag in jedem Einzelfall nahezu bedeutungslos sein. Insgesamt besteht jedoch eine Ausuferungsgefahr, die einen ganz erheblichen Umfang an Sortierarbeiten zur Folge haben kann.

Folgerichtig ergab sich daraus für das Gericht aber auch die Grundlage dafür, dass bei der Autoresponder-E-Mail ein Eingriff nicht angenommen werden kann. Zum einen hätte der Kläger die E-Mail ohnehin öffnen müssen, selbst wenn diese keinen werbenden Zusatz enthielte. Zudem ergab sich bereits aus dem Betreff, dass es sich um eine automatische Eingangsbestätigung handelte. Ein Aussortieren sei in einem solchen Fall schon deshalb nicht erforderlich, weil für gewöhnlich solche E-Mails nicht von den Empfängers gelöscht würden, damit sie später einen Nachweis für den Eingang ihrer E-Mail haben, so das Gericht nachvollziehbar.

Schließlich bestehe bei einer Autoresponder-E-Mail nicht die Gefahr, dass der Empfänger ohne die Versendung einer weiteren E-Mail an den Absender weitere Werbung erhielte. Schlussendlich ist auch ein Hinweis ganz am Ende der E-Mail unschädlich, dass es sich um eine automatisch versandte E-Mail handle und man bitte nicht auf dies antworten solle. Zum einen ergab sich dies bereits aus der E-Mail-Adresse „noreply …“. Zum anderen sei aufgrund des geringen Umfangs der E-Mail der wesentliche Inhalt sofort erkennbar.

Revision zum BGH

Allerdings ist die Revision zum BGH zugelassen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dieser die Sache anders sieht. Dieser wird sich möglicherweise damit befassen, dass die werbenden Inhalte den größeren Teil der E-Mail ausmachten. Es wäre durchaus vertretbar damit ein Überschreiten der Erheblichkeitsschwelle zu begründen. Andererseits bleibt es dabei, dass die E-Mail ohnehin geöffnet werden muss und in der Regel auch nicht aussortierte werden wird.

Gravierender ist die Frage nach einem Wertungswiderspruch. Aus Sicht des Wettbewerbsrechtes dürfte die streitgegenständliche E-Mail Werbung darstellen. Das LG Stuttgart hatte jedenfalls keine Zweifel hieran. Ohne eine vorherige ausdrückliche Einwilligung wäre der Versand der E-Mail damit gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG als unlauter einzustufen.

Das LG Stuttgart ging davon aus, dass dies in dem streitgegenständlichen Fall nicht erheblich sei. In diesem ging es allein um die Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechtes des Empfängers nicht um Wettbewerbsrecht.

Hintergrund ist eine für den Nichtjuristen vielleicht nicht ganz einfach nachzuvollziehende Systematik. Vereinfacht kann sich der Empfänger einer unerwünschten Werbe-E-Mail auf eine Verletzung seines Allgemeinen Persönlichkeitsrechtes berufen und gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB Unterlassung fordern. Für Wettbewerber des Versenders und etwa Verbraucherschutzverbände ergibt sich ein Unterlassungsanspruch dagegen aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Dieses enthält die inzwischen allseits bekannte Norm § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, wonach es bei Werbung per E-Mail einer vorherigen ausdrücklichen Einwilligung bedarf.

Der entscheidende Unterschied ist, dass bei der UWG-Norm keine Erheblichkeitsschwelle existiert. Liegt Werbung vor, aber keine Einwilligung, ist ein Versand danach unzulässig. Dies würde auch für Autoresponder-E-Mails gelten.

Was tun?

Autoresponder-E-Mails sind Transaktions-E-Mails. In einem gewissen Umfang müssen derartige E-Mails auch werbende Inhalte enthalten dürfen, ohne dass die E-Mail sogleich als Werbe-E-Mail klassifiziert wird. Ansonsten wäre jede E-Mail, die eine Signatur mit zum Beispiel einem Hinweis auf die eigene Website bereits E-Mail-Werbung und damit unzulässig.

Unternehmen, die Autoresponder benutzen sollten daher folgende Punkte beachten:

> Versand der E-Mail unmittelbar nach Eingang der Kundenanfrage
> Hinweis im Betreff, dass es sich um einen Autoresponder handelt
> Verwenden einer noreply@-E-Mail-Adresse
> werbende Hinweise, die weniger als die Hälfte der E-Mail ausmachen und angemessen dezent gestaltet sind.

Daniel Schätzle ist Rechtsanwalt in der auf Medien und Technologie spezialisierten Kanzlei HÄRTING Rechtsanwälte. Näheres zu seiner Person finden Sie hier.

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2 comments

  1. lenz says:

    sie haben einen entscheidenden gedankenfehler drin. Die automatische email, die keine antwort ist, muss eben nicht sowieso geöffnet werden. Es handelt sich um ein zusätzliches, nicht angefordertes schreiben. Anders sähe es in der tat vielleicht bei einer richtigen antwort aus. Das ist hier aber nicht der fall.

  2. Valentin says:

    Wer sucht, der findet. Mit jedem Schritt, den man tut, kann man sich schon fast sicher sein, gegen irgendeines der Gesetze zu verstoßen, wenn man es einfach entsprechend auslegt. Die verschiedenen Urteile machen es nicht besser und verwirren noch zusätzlich. Dennoch fragt man sich, was das für ein Versicherungsunternehmen ist, das für einen Unwetterdienst Werbung machen muss.

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