Double-Opt-In (wieder einmal) vor dem aus?

Eine aktuelle Entscheidung des AG Berlin Pankow/Weißensee (Urteil v. 16.12.2014, Az. 101 C 1005/14) sorgt derzeit für viel Unruhe bei den Newsletterversendern. Die Entscheidung soll angeblich das vielfach praktizierte Double-Opt-In-Verfahren in Frage stellen, mit dem eine Newsletter-Anmeldung eigentlich rechtssicher möglich sein sollte. Tatsächlich hat das Gericht die Frage nach der Zulässigkeit des Double-Opt-In-Verfahrens ausdrücklich offen gelassen. Die Entscheidung kann sogar als Bestätigung des Double-Opt-In verstanden werden, wenn es um das Erstellen eines Kundenkontos geht. Von Rechtsanwalt Daniel Schätzle, HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin, www.haerting.de.

 

Wer Werbung per E-Mail an einen Empfänger ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung versendet, verstößt gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Gleichzeitig liegt ein Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht beziehungsweise den sogenannten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor. Betroffene können den Versender mittels Abmahnung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auffordern. Ein entsprechender Anspruch ergibt sich aus den §§ 832, 1004 BGB. Dies ist soweit bekannt.

Das Vorliegen einer Rechtsverletzung steht und fällt folglich mit Beantwortung der Frage, ob eine E-Mail als Werbung anzusehen ist oder nicht. Das OLG München hatte bereits die Bestätigungs-E-Mail im Rahmen eines Double-Opt-In als Werbung angesehen. Die Entscheidung wurde vielfach kritisiert und andere Gerichte haben der Entscheidung widersprochen. Selbst der BGH hatte sich in anderem Zusammenhang bereits 2011 positiv zum Double-Opt-In geäußert.

Nachdem sich die Aufregung ein wenig beruhigt hatte, wurde das Double-Opt-In-Verfahren überwiegend – als einzige rechtmäßige Alternative – weiter praktiziert. Die aktuelle Unruhige gründet in einer Entscheidung des AG Berlin Pankow/Weißensee, mit der eine Bestätigungs-E-Mails als Werbung eingestuft wurde.

 

Worüber hatte das Gericht zu entscheiden?

In der Entscheidung ging es jedoch nicht um eine E-Mail mit der die Anmeldung für einen Newsletter bestätigt werden sollte. Stattdessen hatte die E-Mail den Inhalt, dass ein Kundenkonto erfolgreich erstellt wurde. Die E-Mail wurde an die geschäftliche E-Mail des Geschäftsführers eines Unternehmens versendet. Dieser mahnte den verantwortlichen Online-Shop prompt ab und fordert die Abgabe einer Unterlassungserklärung. Diese gab der Shopbetreiber in modifizierte Form bezogen auf die eine konkret betroffene E-Mail-Adresse ab.

Dem Geschäftsführer reichte dies nicht und er beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung, die den Shopbetreiber hinsichtlich aller E-Mail-Adressen des betroffenen Unternehmens zur Unterlassung verpflichtet. Seinem Antrag fügte er eine eidesstattliche Versicherung bei, mit der er erklärte, dass er kein Kundenkonto eröffnet habe.

Das Gericht erließ die einstweilige Verfügung zunächst nicht. Hiergegen legte der Geschäftsführer Beschwerde beim LG Berlin ein. Dieses erließ die begehrte Verfügung. Auf die Beschwerde des Shopbetreibers musste sich nun das AG Berlin Pankow/Weißensee erneut mit der Sache beschäftigen.

 

Inhalt der Entscheidung

Das Gericht bewertete die Bestätigungs-E-Mail als Werbung. Der Inhalt der E-Mail beschränke sich im Wesentlichen auf die Information, dass für den Empfänger ein Kundenkonto eingerichtet sei. Die Bewertung, ob es sich hierbei um Werbung darstelle oder nicht, hänge davon ab, ob der Empfänger tatsächlich die Einrichtung eines Kundenkontos veranlasst habe. Hat er dies nicht, müsse sich die E-Mail aus seiner Sicht als – sogar besonders aufdringliche – Werbung darstellen.

Dies ist nachvollziehbar. Habe ich die Einrichtung eines Kundenkontos nicht veranlasst und erhalten eine E-Mail mit der Information, dass ein solches für mich nun eingerichtet ist, ich meine Daten hinterlegen kann und Angaben dazu, was ich nun alles mit meinen Kundenkonto machen kann, ist eine andere Bewertung mit dem weiten Verständnis des Werbebegriffs nicht vertretbar.

Damit ging es vordergründig um den Nachweis, dass der Geschäftsführer das Kundenkonto eingerichtet hat. Dies gelang dem Shopbetreiber nicht. Für den Geschäftsführer war es ausreichend, eidesstattlich zu versichern, dass die nicht der Fall ist. Der Shopbetreiber konnte lediglich versichern, dass ein Kundenkonto angelegt wurde. Dies schließt jedoch nicht die Möglichkeit aus, dass die fragliche E-Mail-Adresse von einem Dritten missbraucht wurde.

 

Keine Aussage zu Double-Opt-In

Das Gericht betonte ausdrücklich, dass die Frage, ob zumindest der Versand einer E-Mail-Anfrage im Rahmen des Double-Opt-In-Verfahrens zulässig sei, dahinstehen könne. Bei der im Verfahren interessierenden E-Mai habe es sich erkennbar nicht um eine solche gehandelt.

Letztlich handelte es sich bei der E-Mail lediglich um einen Confirmed-Opt-In, vergleichbar mit der bloßen Bestätigung, dass eine E-Mail-Adresse für einen Newsletter eingetragen wurde.

Das Gericht hätte womöglich anders entschieden, wenn die E-Mail den Inhalt gehabt hätte, dass die Registrierung für ein Kundenkonto vorgenommen wurde, mit dem Hinweis, dass die Einrichtung erst nach Betätigen des beigefügten Bestätigungslink erfolgt. Mit dieser Verfahrensweise wäre auch der Nachweis über die Einrichtung des Kundenkontos gelungen.

 

Unterlassungsanspruch umfasst sämtliche E-Mail-Adressen

Anlass für das einstweilige Verfügungsverfahren war die Frage, inwieweit sich der Unterlassungsanspruch auf weitere E-Mail-Adressen erstreckt. Zu dieser Frage äußert sich das Gericht recht kurz. Danach sind sämtliche E-Mail-Adressen des betroffenen Empfängers umfasst. Gleichgültig sei, ob der Shopbetreiber diese kennt oder nicht. Es sei ihm zuzumuten, Werbe-E-Mails auf solche Adressaten zu beschränken, die hierzu ihr ausdrückliches Einverständnis erteilt haben.

Dies so zu sehen, ist nicht zwingend, auch wenn in der Praxis eine Tendenz erkennbar ist, dass sich diese Ansicht durchsetzt. Angesichts einer anderslautenden Entscheidung des OLG Frankfurt, wäre eine nähere Auseinandersetzung wünschenswert gewesen.

 

Fazit

Die Entscheidung hat das Double-Opt-In-Verfahren nicht für unzulässig erklärt. Bei der Bestätigung, dass ein Kundenkonto eingerichtet wurde, handelt es sich lediglich um einen Confirmed-Opt-In. Ein solcher wird als unzureichend angesehen. Das AG Berlin Pankow/Weißensee bestätigt dies letztlich nur.

Entscheidend für die Frage einer zulässigen Bestätigungs-E-Mail ist, ob diese als Werbung zu verstehen ist. Bei der Bestätigung, dass ein Kundenkonto eingerichtet wurde, ist dies in der Regel der Fall. Letztlich entscheidend ist, ob der Nachweis gelingt, wer eine Registrierung veranlasst hat. Hierfür bleibt das Double-Opt-In-Verfahren die einzige Alternative.
Gelingt der Nachweis nicht und sieht man sich einer Abmahnung ausgesetzt, wird man eine umfassende Unterlassungserklärung auf sämtliche E-Mail-Adressen des Empfängers bezogen abgeben müssen, um ein einstweiliges Verfügungsverfahren zu vermeiden.

Daniel Schätzle ist Rechtsanwalt in der auf Medien und Technologie spezialisierten Kanzlei HÄRTING Rechtsanwälte. Näheres zu seiner Person finden Sie hier.

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