Grundsatz „Keine Haftung für Links“ gilt auch für E-Mails

Die Frage der Haftung für verlinkte Inhalte dürften sich die meisten Webseite-Betreiber schon einmal gestellt haben. Auch die Gerichte haben sich des Öfteren mit der Linkhaftung beschäftigt. So zuletzt auch der Bundesgerichtshof. Der Grundsatz ist eindeutig: Website-Betreiber haften nicht für verlinkte Inhalte. Dieser lässt sich ohne Schwierigkeiten auf Verlinkungen in E-Mails übertragen. Für jeden Grundsatz bestehen jedoch Ausnahmen, die auch für verlinkte Inhalte einer E-Mail gelten. Von Rechtsanwalt Daniel Schätzle, HÄRTING Rechtsanwälte.

Grundsatz

Die grundsätzliche Aussage lässt sich ohne weiteres nachvollziehen: jeder haftet für seine eigenen Inhalte. Wer unter Verletzung von Marken- oder Urheberrechten Dritter etwa Logos oder Bilder in seinen Werbemailings aufnimmt, der trägt hierfür die Verantwortung und sieht sich selbst mit entsprechenden Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen konfrontiert. Nicht viel anders ist es wenn die versandte E-Mail strafbare Beleidigungen enthält.

Dagegen folgt allein aus dem Verweis auf einen fremden Inhalt keine Verantwortung. So hat es letztlich auch der BGH (Urteil vom 18.6.2015, Az. I ZR 74/14) neuerlich gesehen: „Eine Haftung für die Inhalte einer über einen Link erreichbaren Internetseite wird nicht allein dadurch begründet, dass das Setzen des Links eine geschäftliche Handlung des Unternehmers darstellt“.

Die Verlinkung in einer geschäftlichen versandten E-Mail führt folglich nicht dazu, dass der Versender ohne weiteres für die Inhalte verantwortlich ist, auf die verlinkt wird.

Kein Grundsatz ohne Ausnahmen

Allerdings kann sich das Unternehmen, welches E-Mails mit Links auf fremde Inhalte versendet, nicht gänzlich der Verantwortung entziehen. Immerhin leistet es einen Beitrag dazu, dass die fremden Inhalte leichter zugänglich werden. Macht es sich diesen Umstand in besonderer Weise zu Eigen, so trifft es auch eine Verantwortung. Dabei kommt es weniger auf die rechtsverletzenden Inhalte an, sondern vielmehr auf die Art und Weise der Verlinkung. Wer sich fremde Inhalte zu Eigen macht, der haftet für diese Inhalte wie für eigene Inhalte.

Wer zum Beispiel den Link mit den Worten „Was hier gesagt wird, ist genau meine Meinung“ einleitet, macht sich den Inhalt für alle erkennbar zu Eigen.

Ein zu-Eigen-machen liegt auch dann vor, wenn gezielt Links zu Beleidigungen über einen anderen in der E-Mail zusammengestellt werden. In der Regel wird die Sammlung und Veröffentlichung von verlinkten Beleidigungen wie eine eigene Beleidigung zu verstehen sein. Ähnliches gilt bei einer Zusammenstellungen von Links auf rechtswidrige Inhalte, wenn sich dies gerade als auf Rechtsverletzungen angelegter Dienst darstellt.

Schließlich kommt eine Haftung in Betracht, wenn die verlinkten Inhalte sich als Ergänzung der eigenen Angebote in dem Newsletter verstehen und auch so verwendet werden. Dies wäre etwa der Fall, wenn die verlinkten Inhalte urheberrechtsverletzende Bilder darstellen, die das eigene Produktangebot gerade illustrieren.

Letztlich müssen sich Unternehmen bei der Verlinkung auf fremde Inhalte in ihren Mailings immer Fragen, ob die Verlinkung sich so darstellt, als wenn sich die darunter abrufbaren Inhalte als eine eigene Werbeaussage darstellen. Das ist immer eine Einzelfallentscheidung. Letztendlich wird man nur auf der sicheren Seite sein, wenn klar erkennbar ist, dass der Link nur als weiterführender oder zusätzlicher Hinweis gedacht ist und in keiner Weise eine eigene Meinung oder Aussage widerspiegelt.

Link ist nicht gleich Link

Der BGH unterscheidet nach Art des Links. So soll bei der Verwendung von Deep Links schneller vermutet werden können, dass der Inhalt der verlinkten Seite sich zu Eigen gemacht wurde, da hier auf eine Unterseite direkt verwiesen wird. Bei Surface Links dagegen wird auf die gesamte Website verlinkt. Der Schluss, dass durch eine derartige Verlinkung der Betreiber sich die gesamte Website zu Eigen machen will, ist fernliegend.

Dabei verkennt der BGH jedoch, dass in der Praxis häufiger Deep Links verwendet werden. Durch das gezielte Verlinken auf eine Unterseite können Informationen dem Nutzer schneller zugänglich gemacht werden. Eine Verwendung eines Surface Links führt dagegen dazu, dass der Nutzer sich selbstständig auf die Suche nach der gewünschten Unterseite machen muss. Da die Verwendung von Deep Links die Regel und nicht die Ausnahme ist, kann in der reinen Verwendung eines Deep Links aber nicht ein zu Eigen machen gesehen werden, sondern nur die gezielte Führung zu Informationen.

Haftung ab Kenntnis bei fremden Inhalten

Es ist aber zu beachten, dass auch klar fremde Inhalte zu einer Haftung führen können, wenn der Betreiber Kenntnis von möglichen rechtswidrigen Inhalten erlangt und den Link nicht entfernt hat. Sobald man also einen Hinweis auf einen möglichen Verstoß erhalten hat, muss man die jeweilige Verlinkung überprüfen und ggf. entfernen. Ein Verweis darauf, dass es sich dabei offensichtlich um fremde Inhalte handelt, hilft nicht.

Egal ist dabei auf welchem Kommunikationsweg der Hinweis über den rechtswidrigen Inhalt den Betreiber erlangt. Sowohl ein offizielles Schreiben als auch ein Post auf der Facebook-Chronik muss beachtet werden.

Erhält der Versender Kenntnis von einen Link, der auf fremde rechtswidrige Inhalte verweist, muss er jedoch nicht einen Rückruf versandter E-Mail organisieren. Man kann aber von ihm verlangen, dass der weitere Versand unterbleibt. Ist der Newsletter zudem online abrufbar, muss der Link dort entfernt werden.

Disclaimer verhindern keine Haftung

Der Einbau eines pauschalen Disclaimers in der jeweiligen Mail wird einer Haftung nicht vorbeugen. Einen Hinweis wie „Wir prüfen die verwendeten Links, können jedoch keine Haftung übernehmen“ kann sogar Haftungsverschärfend wirken, denn es zeigt, dass man sich mit den Haftungsrisiken beschäftigt hat.

Ein allgemeiner Disclaimer kann die Haftung pauschal nicht einschränken. In bestimmten Konstellationen kann er jedoch sinnvoll sein. So zB wenn durch die Gestaltung der jeweiligen Mail nicht klar erkennbar ist, welcher Inhalt fremd ist und welcher vom Betreiber stammt. Dann muss der Disclaimer sich jedoch konkret auf einen bestimmten Link beziehen und direkt neben dem Link zu finden sein.

Konsequenzen für die Praxis

Der Grundsatz „Keine Haftung für Links“ darf nicht dazu führen, dass ein Unternehmen das Thema Linkhaftung ignoriert. Unterbleiben sollte das blinde kopieren ganzer Linksammlung in den Newsletter. Im Zusammenhang mit Verlinkungen auf fremde Inhalte bieten sich Hinweise wie „weitergehenden Informationen dazu unter“ an. Dadurch wird ausreichend deutlich gemacht, dass man sich den Inhalt nicht zu eigen macht, sondern es sich um einer Ergänzung handelt. Das bietet sich natürlich nur dort an, wo die Verlinkung als eigene Werbeaussage verstanden werden kann.

Sollte man auf einen verlinkten rechtswidrigen Inhalt hingewiesen werden, besteht in jedem Fall Handlungsbedarf. Hier sollte man sich allerdings auch nicht veranlasst sehen, umgehend nach einem Hinweis den Vorwurf der Rechtswidrigkeit zu prüfen. Bestätigt sich dieser, muss der weitere Versand umgehend gestoppt werden und etwaige Online-Versionen sind zu überprüfen.

Rechtsanwalt Daniel Schätzle ist Partner in der auf Medien und Technologie spezialisierten Kanzlei HÄRTING Rechtsanwälte. Nähere Angaben zu seiner Person finden Sie unter www.haerting.de/de/team/daniel-schaetzle.

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