Widerrufene Einwilligung ist auch keine Einwilligung

Die Versendung von Werbung per E-Mail bedarf der vorherigen ausdrücklichen Einwilligung. Das gilt bereits länger und nicht erst mit dem neuen Datenschutzrecht. Das bei Widerruf der Einwilligung zukünftige gleichwohl versande Werbe-E-Mails so zu behandeln sind, als läge keine Einwilligung vor, musst kürzlich das OLG München klarstellen.

Abmahnung der Wettbewerbszentrale

Eine Händlerin setzte den Versand ihres Newsletters an eine Empfängerin fort, auch nachdem diese ihre ursprünglich erteilte Einwilligung widerrufen hatte. Die Empfängerin beschwerte sich offenbar bei der Wettbewerbszentrale.

Die Möglichkeit zur Abmahnung bzw. Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen bei unerlaubter E-Mail-Werbung besteht nicht nur für den betroffenen Empfänger. Auch Wettbewerber und qualifizierte Einrichtungen zum Schutz von Verbraucherinteressen können die Abgabe einer Unterlassungserklärung und Ersatz von Abmahnkosten verlangen.

Die Wettbewerbszentrale machte hiervon Gebrauch und mahnte die Händlerin ab. Eine Reaktion der Händlerin blieb allerdings aus, sodass die Wettbewerbszentrale vor dem LG München (Urteil v. 11.12.2017, Az. 4 HK O 9327/17) Klage erhob. Die Klage war erfolgreich, worauf die Händlerin Berufung einlegte.

Bestätigung des Unterlassungsanspruchs

Das OLG München bestätigte den Unterlassungs- sowie den Erstattungsanspruch (Urteil v. 21.02.2019, Az. 29 U 666/18).

Es stellte zunächst klar, dass gem. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG jede Werbung, die dem Empfänger mit elektronischer Post zugeht, eine unzumutbare Belästigung darstellt, sofern der Empfänger vorher nicht in den Versand eingewilligt hat.

Die Händlerin war der Ansicht, dass eine solche Konstellation nicht vorlag. Denn der Empfänger hatte ursprünglich eingewilligt. Dann läge aber kein Fall einer nicht vorhandenen vorherigen ausdrücklichen Einwilligung vor. Der Widerruf führe nicht zu einem Fall des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG.

Das Gericht überzeugte diese Sichtweise nicht. Maßgeblich zu beachten sei auch Art. 13 der ePrivacy-Richtlinie, der durch § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG im deutschen Recht umgesetzt wurde. Beide Normen haben zum Ziel, dem Versand unerbetener Werbemails zu verhindern. Insbesondere aus Art. 13 Abs. 3 ePrivacy-Richtlinie ergibt sich, dass die Mitgliedsstaaten geeignete Maßnahmen zu ergreifen haben, um sicherzustellen, dass unerbetene Nachrichten zum Zwecke der Direktwerbung, die ohne Einwilligung erfolgen, nicht gestattet sind. Eine Ausnahme hiervon ist einzig für den Fall der Bestandskundenwerbung unter strengen Voraussetzungen in Art. 13 Abs. 2 ePrivacy-Richtlinie vorgesehen.

Diese Ausnahme ist in § 7 Abs. 3 UWG umgesetzt und sieht vor, dass der Empfänger nicht widersprochen hat.

Hieraus schlussfolgert das Gericht, dass der Fall einer nicht erteilten Einwilligung mit dem einer widerrufenen Einwilligung gleichzusetzen ist.

Nachweis des Widerrufs

An der rechtlichen Bewertung aus München ist nichts auszusetzen. Hat sich jemand von einem Newsletter abgemeldet, dann ist diesem Wunsch zu folgen. Eine andere Sichtweise ist nicht vertretbar. Allenfalls ließe sich darüber nachdenken, dass der Versand einer Werbe-E-Mail ohne jemals eine Einwilligung erhalten zu haben, eine andere Wertung erfährt gegenüber dem Versand an einen Empfänger, der sich ursprünglich für die Werbe-E-Mail entschieden hatte. Letzteres wirkt weniger verwerflich.

Abgesehen davon, dass die Folge einer unterschiedlichen Wertung unklar bliebe, kann eine solche Differenzierung nicht vorgenommen werden. Hier überzeugt insbesondere das Argument, dass einzig die Ausnahme in § 7 Abs. 3 UWG ein Abweichen vom Einwilligungserfordernis ist. Diese Ausnahmen sieht aber gerade vor, dass der Empfänger nicht widersprochen hat.

In der Praxis können sich aber gleichwohl Schwierigkeiten ergeben, wenn es darum geht, den Widerruf zu erkennen.

Hier hatte der Empfänger den Widerruf mittels Erklärung per E-Mail mitgeteilt. Das Gericht sah keine Zweifel, den Inhalt der Widerrufs-E-Mail anders als einen Widerruf zu verstehen. Das muss nicht immer so sein. Kommen beim Versender Zweifel auf, muss er aber zumindest nachfragen.

Zudem muss eine Widerrufserklärung zugehen. Den Nachweis hierüber hat der den Widerruf erklärende zu führen. Im Falle eines Widerrufs per E-Mail wird ihm das oftmals schwer gelingen. Andererseits besteht wenig Anlass, an dem Eingang einer E-Mail beim Empfänger zu zweifeln. Wird diese vom Provider abgelehnt, erhält der Absender einer E-Mail in der Regel eine entsprechende Mitteilung. Ist dies nicht der Fall, spricht viel dafür, dass die E-Mail beim Empfänger verloren gegangen ist. Nicht selten sind Spamfilter daran schuld. Der Eingang im Spam-Ordner reicht aber für den Zugang.

Neben den Abmeldefunktionen in jeder Werbe-E-Mail und auf der Website empfiehlt es sich daher, sonstige Abmeldemöglichkeiten zu kanalisieren. Dazu kann eine entsprechende E-Mail-Adresse zum Abmelden mitgeteilt werden. Für diese sollte dann kein Spam-Filter aktiviert sein. Damit verhindern werbende Unternehmen auch, dass Werbewidersprüche an beliebige Unternehmens-E-Mail-Adressen versendet werden und dann unbeachtet bleiben.

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