Keine Werbeeinwilligung am Telefon

Die telefonische Zufriedenheitsbefragung eigener Kunden darf nicht mit der Einholung einer Einwilligungserklärung in zukünftige Werbemaßnahmen per Telefon, SMS oder E-Mail verknüpft werden.

Rechtsanwalt Daniel Schätzle von HÄRTING Rechtsanwälte erläutert, wie es der Berliner Datenschutzbeauftragte sieht und was nun auch durch das Oberverwaltungsgericht Berlin Brandenburg Ansicht bestätigt wurde.

Wie eine Werbeeinwilligung einholen?
Kunden oder solche, die es einmal werden sollen, dazu zu bewegen, der Zusendung von Werbung zu zustimmen ist für Unternehmen rechtlich nicht einfach. Warum nicht bei den eigenen Kunden anrufen und deren Zufriedenheit mit der letzten Lieferung abfragen? Bei der Gelegenheit könne man dann sogleich das Einverständnis für weitere Angebote per E-Mail, SMS oder Telefon erfragen. Nicht nur einer der größten deutschen Zeitungs- und Zeitschriftenverlag wird so gedacht haben. Angesichts der begrenzten Möglichkeiten aktiv eine Werbeeinwilligung einzuholen, erscheint dies auf den ersten Blick ein guter (zulässiger?) Weg zu sein. Wen sollte es stören, wenn man bei einem Telefonat einmal kurz nachfragt?

Berliner Datenschutzbeauftragter sieht Datenschutzverstoß
Offenbar störte sich der Berliner Beauftragte für Datenschutz an dieser Form, eine Werbeeinwilligung einzuholen und erließ eine Untersagungsverfügung gegen den Verlag sowie eine Gebühr in Höhe von 3.000,- Euro.

Der Verlag hatte Service-Callcenter beauftragt, die regelmäßig telefonische Zufriedenheitsbefragungen zur Qualität des Lieferservices bei Abonnenten durchführten. Im Anschluss an die Zufriedenheitsbefragung stellten die Call-Center-Mitarbeiter eine im Wortlaut genau vorgegebene Frage, um den Kunden zukünftig über Medienangebote per E-Mail, SMS oder Telefon informieren zu können.

Dies hielt die Datenschutzbehörde für rechtswidrig, da es sich um eine Nutzung von personenbezogenen Daten handle, für die weder eine Einwilligung des Betroffenen noch eine Rechtsgrundlage vorläge. Lediglich die Zufriedenheitsbefragung könne als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke gemäß § 28 Abs. 1 BDSG zulässig sein.

Bestätigung durch die Verwaltungsgerichte
Der Verlag wandte sich hiergegen und beantragte vor dem Berliner Verwaltungsgericht die Aufhebung der Untersagungsverfügung. Jedoch blieb er damit erfolglos (Urteil v. 7.5.2014, Az. 1 K 253.12), was das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg letztlich nun bestätigte (Beschluss v. 31.7.2015, Az. OVG 12 N 71.14).

Die beiden Gerichte beschäftigten sich unter anderem mit der Frage, inwieweit das personenbezogene Datum Telefonnummer bei der beschriebenen Opt-In-Abfrage genutzt wird. Denn die Nutzung personenbezogener Daten bedarf stets der Einwilligung des Betroffenen oder einer Rechtsgrundlage (§ 4 Abs. 1 BDSG). Der Verlag war der Ansicht, die Nutzung der Telefonnummer erfolge allein zur Herstellung einer Telefonverbindung für die Durchführung der Zufriedenheitsbefragung. Mit der Opt-In-Abfrage habe das nichts zu tun. Eine derartige Aufspaltung des Anrufs ließen die Gerichte jedoch nicht gelten. Immerhin werde die Telefonnummer aufgrund eines vorgegebenen Gesprächsleitfadens von vornherein nicht nur für die Befragung, sondern eben auch für die Opt-In-Abfrage verwendet. Der Anruf bezwecke gerade von Anfang an beide Abfragen. Würde man eine Aufspaltung vornehmen, lege es allein in der Hand des Unternehmens, durch einen entsprechenden Gesprächsaufbau, bestimmte Abfragen vom Verbotsprinzip des § 4 Abs. 1 BDSG auszunehmen.

Die Gerichte sahen keine Rechtfertigung für die Nutzung der Telefonnummer, um ein Opt-In-Anfrage zu stellen. Eine Einwilligung lag nicht vor und Rechtfertigungstatbestände würden nicht greifen. Eine Rechtfertigung der Nutzung etwa als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke scheitert an der Erforderlichkeit (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 BDSG). Zwar bestehe zwischen dem Verlag und den Betroffenen ein rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis in Form eines Abonnementvertrages. Jedoch ist die Opt-In-Abfrage zu dessen Abwicklung nicht erforderlich. Vielmehr gehe es um die Anbahnung weitere Vertragsverhältnisse mit Hilfe von Werbemaßnahmen. Auch könne der Verlag keine eigenen berechtigten Interessen geltend machen, die die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen überwiegen. Zum einen stünden dem Verlag eine ganze Reihe anderer Werbemöglichkeiten offen. Zum anderen hatten die Betroffenen bei Abschluss des Vertrages bereits die Möglichkeit eines Opt-In nicht genutzt. Hier nun erneut nachfragen zu dürfen sei letztlich nicht schützenswert.

Telefonische Opt-In-Abfrage als Werbung
Die Frage der Erforderlichkeit und die Bewertung berechtigter Interessen mag man kritisch hinterfragen können. Insbesondere wenn die vorhergehende Zufriedenheitsbefragung als datenschutzrechtlich unproblematisch gesehen wird, weil man die Erforderlichkeit bejaht, ist eine andere Bewertung für die Opt-In-Abfrage auch denkbar. Letzlich zielen beide Abfragen auf die Anbahnung weiterer Verträge und eine unterschiedliche Behandlung leuchtet nicht unbedingt ein.

Am Ende kommt es hierauf jedoch nicht an. Denn in § 28 Abs. 3 BDSG findet sich eine besondere Regelung zur Nutzung von personenbezogenen Daten für Zwecke der Werbung. In diesen Fällen ist eine Rechtfertigung aufgrund erforderlicher Mittel zur Erfüllung eigener Geschäftszwecke oder wegen berechtigter Interessen gesperrt. Der Verlag bestritt allerdings, dass es sich bei der Opt-In-Abfrage um Werbung handelt, da diese keine unmittelbare Verkaufsförderungsmaßnahme darstellt. Sowohl das VG wie auch OVG nahmen dies zum Anlass, sich mit dem datenschutzrechtlichen Werbebegriff zu beschäftigen. Ohne Frage kamen beide Gerichte zu dem Ergebnis, dass es sich bei einer Opt-In-Abfrage um eine Form der Werbung handelt. Hieran lässt sich nicht wirklich zweifeln.

Es lässt sich allenfalls argumentieren, dass die Opt-In-Abfrage ein Annex zu der Zufriedenheitsbefragung ist. Ist die Zufriedenheitsbefragung zulässig, muss dies auch für einen bloßen Annex gelten, jedenfalls wenn dieser dezent gestaltet ist. Angesichts der gezielten Abfragen nach einem vorgegebenen Gesprächsleitfaden, überzeugt eine solche Argumentation in diesem Fall jedoch nicht.

Kein Listenprivileg
Eine Nutzung personenbezogener Daten zum Zwecke der Werbung bedarf der Einwilligung des Betroffenen (§ 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG). Eine Ausnahme gilt nur für sogenannten Listendaten (§ 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG). Die Nutzung von Listendaten für Werbezwecke kann auch ohne Einwilligung zulässig sein. Allerdings gehört die Telefonnummer nicht zu den Listendaten.

Anders stellt sich dies nur dar, wenn die Telefonnummer den Listendaten im Sinne von § 28. Abs. 3 Satz 3 BDSG hinzugespeichert wurde. Nach den Entscheidungstexten des VG und des OVG haben sich beide Gerichte mit dieser Frage jedoch nicht näher beschäftigt. Warum bleibt danach unklar.

Jedenfalls erschließt sich der Inhalt der Norm nicht ohne weiteres, auch nach mehrmaligem Lesen, und lässt einige Fragen offen. Naturgemäß führt dies unter Juristen zu verschiedensten Ansichten bezüglich der einzelnen Voraussetzungen für eine zulässige Nutzung. In jedem Fall muss die Erhebung der Telefonnummer schon datenschutzrechtlich zulässig gewesen sein.

Verzicht auf Service-Calls
Der Fall zeigt, dass Unternehmen Zurückhaltung üben sollten, wenn es darum geht, bei den eigenen Kunden ein Werbe-Opt-In telefonisch zu erfragen. Dabei spielt es in der Regel keine Rolle, ob die Anfrage mit anderen Anfragen gekoppelt wird, solange der Anruf von vornherein (auch) eine Werbeeinwilligung bezweckt. Die gelegentliche, spontane Abfrage mag man hiervon ausnehmen können. Unternehmen sollten sich jedoch nicht hierauf verlassen. Spontane Anfragen lassen sich eben gerade nicht planen.

Der Versuch, eine Opt-In-Anfrage nicht als Werbung zu bewerten, ist zum Scheitern verurteilt. Es gibt unzählige Entscheidungen, die Anrufe oder E-Mails mit entsprechenden Anfragen als Werbung ansehen. In der Regel handelt es sich dabei zwar um keine Entscheidungen, die sich mit den Bestimmungen des Datenschutzrechtes beschäftigen. Auf die Hoffnung, dass eine datenschutzrechtliche Bewertung in dieser Frage anders vorgenommen wird, als dies im Wettbewerbsrecht der Fall ist, sollten Unternehmen jedoch nicht bauen.

Im Einzelfall mag es allenfalls denkbar sein, die Opt-In-Anfrage als Annex zu einer ansonsten zulässigen Anfrage auszugestalten. Hier lassen sich möglicherweise Parallelen zu vergleichbaren Fragen bei Autoresponder-E-Mails ziehen. Allerdings wird der Bundesgerichtshof noch dieses Jahr womöglich ein Machtwort sprechen.

Lohnenswert ist im Einzelfall sicherlich die Frage, ob ein Fall der zulässigen Hinzuspeicherung der Telefonnummer zu Listendaten gemäß § 28. Abs. 3 Satz 3 BDSG vorliegt. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass es dabei allein um die Frage der Zulässigkeit unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten geht. Die Verwendung von Kontaktinformationen unterliegt immer einer datenschutzrechtliche und einer wettbewerbsrechtlichen Bewertung. Wer etwa in Werbeanrufe einwilligt, tut dies zweifach. Einmal im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG und einmal im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Letzterer tut sich schon schwer mit der telefonischen Kundenzufriedenheitsbefragung. Denkbar ist allenfalls ein Anruf unmittelbar nach Vertragsschluss und einem dezenten Hinweis auf die Möglichkeit der Newsletter-Anmeldung über die Unternehmenswebsite. Ob ein Gericht das auch so sieht, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Jedenfalls wenn der Eindruck entsteht die Befragung ist gezielt nur Vorgeschoben, handelt es sich um einen unzulässigen Werbeanruf.

Das Einholen einer Werbeeinwilligung per Telefon wird damit zu einer rechtliche kaum zulässigen Möglichkeit für Unternehmen.
Rechtsanwalt Daniel Schätzle ist Partner in der auf Medien und Technologie spezialisierten Kanzlei HÄRTING Rechtsanwälte. Nähere Angaben zu seiner Person finden Sie unter www.haerting.de/de/team/daniel-schaetzle

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