Gmail bekämpft langweilige Adress-Verteiler

Wer dröge E-Mails verschickt, hat bald Probleme. Gmail schlägt Nutzern vor, sich doch einfach gleich abzumelden, wenn ein Newsletter lange nicht gelesen wurde. Sicher ziehen bald auch andere Mailbox-Betreiber nach.

Ende April hat Google bei seinem E-Mail-Dienst Gmail eine Reihe neuer Funktionen eingeführt. Neu sind E-Mails mit Ablaufdatum und KI-gestützte Funktionen. Die Funktion „Automatische Erinnerungen“ erinnert selbstständig daran, Nachrichten zu verfolgen oder darauf zu reagieren. Mit der Funktion „Intelligente Antworten“ kann jeder noch schneller auf Nachrichten reagieren. Neu ist eine Funktion, um sich direkt aus Mailinglisten abzumelden. Mit Hilfe von KI werden Vorschläge zum Abbestellen selten gelesener Newsletter gemacht eingeblendet. Grundlage ist die Anzahl der erhaltenen E-Mails eines Absenders und wie viele davon tatsächlich gelesen werden.

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Google schlägt Abbestellen vor, wenn Newsletter nicht gelesen werden

Was bedeutet das für Versender? Wer einen Newsletter an Menschen verschickt, die sich nicht dafür interessieren hat schon seit längerem schlechte Karten. Der Grund: Spamfilter beziehen heute schon die Beschwerdehäufigkeit und die Öffnungsrate in ihren Algorithmus ein. Wer an ungepflegte Listen verschickt, hat daher schon länger ein Problem mit der Zustellbarkeit.

Leser werden mit eigenem Verhalten konfrontiert
Neu ist, dass direkt das individuelle Interesse gemessen wird. Wer langweilige Newsletter verschickt, wird weniger angeklickt. Und wem es daher nicht gelingt, seine Leser ab und zu zum Anklicken zu motivieren, geht das Risiko ein, diese Leser zu verlieren. Die Leser werden aktiv darauf aufmerksam gemacht, dass dies ein Newsletter ist, den sie sowieso nicht lesen. Viele werden daher dem Hinweis folgen.
Das bedeutet eine wesentliche Verschärfung dessen, was mit der List-Unsubscribe-Funktion begann. Schon immer war die einfachste Form der Adresspflege ein deutlicher Hinweis auf die Abbestellmöglichkeit.

Google und Hotmail haben den Button auch schon früh als Funktion in ihre Freemailer eingebaut. 2016 hat auch Apple nachgezogen. Der durch KI-gesteuerte Hinweis auf das Abbestellen bedeutet eine wesentliche Verschärfung des List-Unsubscribe-Buttons. Nun wird dem Empfänger mit seinem eigenen Verhalten ein Spiegel vorgeführt. Und mal ganz ehrlich: Wie viele Newsletter hat jeder von uns, die er aus reiner Bequemlichkeit nicht abbestellt.

Es gibt nur einen Ausweg aus dem Dilemma: Nur noch relevante E-Mails versenden. Das sind E-Mails, bei denen sich der Empfänger ärgern würde, wenn er sie nicht mehr bekäme. Also schaffen Sie Nutzwert und konkrete Vorteile für die Empfänger Ihrer E-Mails.

Bisher sind nur wenige betroffen
Noch hält sich das Problem in Grenzen, denn die Mehrzahl der Nutzer ist mit anderen Clients als Gmail unterwegs. Die meisten Deutschen bevorzugen deutsche Freemailer. Wenn es um das eigene E-Mail-Postfach geht, ist das Misstrauen gegenüber Microsoft und Google groß. Vor über drei Jahren erschien die letzte Umfrage zu den beliebtesten Mailbox-Anbietern. Die in der Initiative ‚E-Mail made in Germany“ organisierten Dienste Gmx, Web.de, T-Online, freenet und 1&1 kamen auf einen Marktanteil von 72,5 Prozent. Hier die Antworten der durch Convios Consulting befragten 1006 Personen:
GMX: 27,34 Prozent
Web.de: 26,44 Prozent
T-Online: 11,63 Prozent
Outlook: 8,15 Prozent
AOL: 5,17 Prozent
Freenet: 4,37 Prozent
Gmail: 4,08 Prozent
Arcor: 2,88 Prozent
1&1: 2,68 Prozent
Yahoo: 1,19 Prozent

Was Gmail einführt, wird bald von anderen übernommen
Seitdem hat insbesondere Google vieles getan, um die Attraktivität seines E-Mail-Dienstes Gmail zu verbessern. Schon 2013 war Gmail mit seinem vorsortierten Posteingang Vorreiter. Ebenso wurden damals One-Click-Actions eingeführt. Diese ermöglichen den Aufruf eines Links, ohne dass der Empfänger die E-Mail öffnen muss. Ein typisches Anwendungsfeld sind Transaktionsmails wie Bestätigungen. Sie lassen sich aber auch für Passwort-Reset-Mails, Double-Opt-ins, den Abschluss einer Registrierung oder das Aufrufen eines vergessenen Warenkorbs nutzen.

Der vorsortierte Posteingang hat inzwischen auch bei Outlook Einzug gehalten. Während bei Gmail zwischen Allgemein, Soziale Netzwerke und Werbung unterschieden wird, sind es bei Outlook die Ordner Relevant und Sonstige. Die kontinuierliche Verbesserung der Dienste führt dazu, dass amerikanische Mailbox-Betreiber auf Kosten deutscher Anbieter Ihren Marktanteil vergrößern. Der österreichische Anbieter Mailworx kam 2017 auf folgende Marktanteile der Freemailer in B2C-Verteilern:
Gmail: 33,2 Prozent
GMX: 16,1 Prozent
Web.de: 5,2 Prozent
AOL: 3,2 Prozent

Viele Anwendungen, die von Gmail eingeführt wurden, erscheinen zeitversetzt auch bei den anderen Mailbox-Anbietern. Insofern ist davon auszugehen, dass auch die Abmeldevorschläge irgendwann bei Outlook, AOL und bei den Freemailern der Initiative ‚E-Mail made in Germany“ auftauchen werden.

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