LG Lüneburg: 500,- EUR Schadenersatz nach wiederholtem E-Mail-Spam

Ob unzulässige E-Mail-Werbung, genauer: eine unzulässige Datenverarbeitung im Rahmen unzulässiger E-Mail-Werbung, einen Schadenersatzanspruch des Adressaten der Werbung gemäß Art. 82 DSGVO begründet, war zuletzt durch das Landgericht Lüneburg (Urt. v. 07.12.2023 – 5 O 6/23) zu entscheiden. Das Gericht hatte sich hier mit der neueren Rechtsprechung des EuGH zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf immateriellen Schadenersatz auseinandergesetzt und einen Anspruch im Ergebnis bejaht.

Sachverhalt der Entscheidung

In dem durch das LG Lüneburg zu entscheidenden Fall hatte sich der Kläger ursprünglich für einen Newsletter der Beklagten angemeldet, jedoch später abgemeldet. Trotz dieser Abmeldungen erhielt er weiterhin mindestens in acht Fällen unerwünschte Werbe-E-Mails. Die Beklagte ignorierte mehrfach die Aufforderungen des Klägers und seines Anwalts, den Versand dieser E-Mails zu unterlassen.

Kernaussagen der Entscheidung

Das Landgericht Lüneburg entschied zugunsten des Klägers. Die unzulässige Zusendung von (mehreren) Werbe-E-Mails ohne Einwilligung des Empfängers und mehr noch, gegen den erklärten Willen des Empfängers, stellte eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Inhabers der E-Mail-Adresse dar. Der Unterlassungsanspruch aus §§ 1004, 823 BGB war insofern klar gegeben. Zudem musste die Beklagte dem Kläger Auskunft über die gespeicherten personenbezogenen Daten geben.

Fokus: Schadenersatzanspruch

Interessant sind die Ausführungen des Gerichts zu dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von immateriellem Schadenersatz. Das Gericht sprach dem Kläger einen solchen in Höhe von 500 Euro zu. Durch die fortgesetzte Zusendung unerwünschter Werbe-E-Mails habe der Kläger eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung seiner Persönlichkeitsrechte erlitt.

Unter Berufung auf die ständige Rechtsprechung des EuGH zu Art. 82 DSGVO weist das LG Lüneburg darauf hin, dass ein etwaiger Schaden nicht erst dann gegeben ist, wenn eine gewisse Erheblichkeit erreicht wurde. Art. 82 Abs. 1 DSGVO sei dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung oder Praxis entgegensteht, die den Ersatz eines immateriellen Schadens im Sinne dieser Bestimmung davon abhängig macht, dass der der betroffenen Person entstandene Schaden einen bestimmten Grad an Erheblichkeit erreicht hat (EuGH, Urt. 4.5.2023 – C-300/21). Wenngleich der immaterielle Schaden nach Erwägungsgrund 146 DSGVO tatsächlich entstanden sein müsse und nicht lediglich befürchtet werden dürfe, sei nach Erwägungsgrund 146 S. 3 DSGVO der Schadensbegriff weit auszulegen. Als immaterieller Schaden kämen Ängste, Stress, Komfort- und Zeiteinbußen in Betracht.  

Im vorliegenden Fall lagen die negativen Auswirkungen des Verstoßes gegen die DSGVO darin, dass sich der Kläger mit der Abwehr der von ihm unerwünschten Werbung auseinandersetzen musste. Dies sogar mehrfach, da die Beklagte seinen Widerruf der Einwilligung mehrfach missachtete. Der Umstand, dass sogar der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte zweimal erfolglos zum Unterlassen aufforderte, sei geeignet gewesen, bei dem Kläger den belastenden Eindruck der Hilflosigkeit und des Kontrollverlustes in Bezug auf seine Datenverarbeitung zu führen.

Das Gericht setzte den Schadensersatz auf 500 Euro fest, was im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung als angemessen erachtet wurde, um sowohl den erlittenen Unannehmlichkeiten Rechnung zu tragen als auch eine abschreckende Wirkung auf den Beklagten und andere potenzielle Täter auszuüben. Der immaterielle Schadenersatz soll verdeutlichen, dass Datenschutzverletzungen ernst genommen werden und betroffene Personen einen Anspruch auf Wiedergutmachung haben.

Fazit und die Lästigkeitsprämie als Handlungsoption

Zu der Frage, ob E-Mail-Spam auch zu einem Schadenersatzanspruch auf Grundlage der DSGVO führt, existieren bislang noch recht wenige Urteile. Erst recht existiert noch kein klares Bild, ob und wenn ja, in welchen Fällen eine solcher Anspruch besteht. Vorliegend war entscheidungsleitend, dass die Beklagte offenbar hartnäckig den entgegenstehenden Willen des Inhabers der E-Mail-Adresse ignoriert hat. Vor diesem Hintergrund ist auch die Höhe des zuerkannten Anspruchs nicht überraschend.

In der Praxis bietet es sich an, auf oft überzogene Schadenersatzforderungen proaktiv mit der Zahlung einer sog. Lästigkeitsprämie zu reagieren. Im Falle einmaliger Verstöße kann und sollte sich diese Prämie je nach Ausgestaltung des Sachverhalts zwischen 50,- und 200,- EUR bewegen und direkt auf das Konto der Gegenseite überwiesen werden. Strategisch wird so der Ball zurück in das Feld der Gegenseite gespielt, die sich dann gut überlegen muss, ob weitergehende Forderungen tatsächlich  klageweise geltend gemacht werden sollten.

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