Branding in der Inbox: Was geht, was nicht?

Das Logo neben dem Absender im E-Mail-Postfach. Was einst als simple, elegante Lösung für mehr Markenwahrnehmung gedacht war, ist heute zu einem komplexen Technologie-Parcours geworden. Drei konkurrierende Standards, unterschiedliche geografische Reichweiten und Kosten zwischen null und mehreren Tausend Euro jährlich: Dieser Beitrag soll Licht ins Dunkel bringen.

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Quelle: https://www.paved.com/blog/branded-mail-apple/

Von der Idee zur technischen Herausforderung

Die Grundidee ist simpel wie genial: Ein Logo neben dem Absender macht E-Mails in überfüllten Posteingängen sofort erkennbar und schafft Vertrauen. Während Domain-Alignment, DKIM-Signierung und DMARC-Compliance für technische Authentifizierung sorgen, bietet das Logo dem Empfänger einen intuitiven Weg, auf einen Blick zu erkennen, ob eine Mail authentisch ist. Manche Systeme ermöglichen sogar saisonale Logo-Variationen: Das Firmenlogo mit Weihnachtsmütze im Dezember bringt dann nicht nur Sicherheit, sondern auch ein Schmunzeln in die Inbox. 

Was könnte daran kompliziert sein?

Die Antwort: Eine ganze Menge. Heute stehen E-Mail-Marketer vor einem Dreigestirn konkurrierender Technologien, jede mit eigenen Tücken:

BIMI ist grundsätzlich kostenlos implementierbar, erfordert aber vollständige DMARC-Konformität und das eigene Logo im SVG-Format, ist dann aber nur bei Yahoo sichtbar. Wer auch Gmail und andere Provider erreichen will, benötigt für jede Versanddomain ein eigenes Verified Mark Certificate (VMC). Multi-Domain-Zertifikate werden kaum noch unterstützt, sodass sich die Kosten bei mehreren Versanddomains schnell auf mehrere Tausend Euro pro Jahr summieren können.

BIMI wird unter anderem von Gmail, Yahoo, Apple Mail (bei iCloud-Adressen), Fastmail, GMX, Zoho Mail und weiteren unterstützt; Outlook unterstützt BIMI derzeit nicht.

trustedDialog setzt auf bestehende DKIM-Infrastruktur und ermöglicht neben der Logo-Anzeige weitere Funktionen im Rahmen des Zertifizierungsprogramms. Die Logos werden bei WEB.DE, GMX, 1&1 und Partnern angezeigt. Die Kosten richten sich nach dem Versandvolumen.

trustedDialog-Logos sind bei GMX, WEB.DE, 1&1, freenet.de und Telekom Mail sichtbar.

Apple Branded Mail ist kostenlos, benötigt aber DMARC/DKIM/SPF-Setup und funktioniert ausschließlich mit Apple Mail. Zwar nutzen rund 35 Prozent der Deutschen iOS-Geräte, doch wie viele davon tatsächlich den Apple-eigenen E-Mail-Client verwenden, ist eine andere Frage. Die Verwaltung und Einrichtung erfolgt über Apple Business Connect, das gleiche Interface, über das auch der Unternehmenseintrag bei Apple Maps gepflegt wird.

Apple-Branded-Mail-Logos werden in der Apple Mail-App angezeigt – unabhängig davon, ob der Empfänger eine iCloud-, Gmail- oder Firmenadresse nutzt. 

Mehr als nur eine Kostenfrage

Alle drei Lösungen führen zu neuen Abhängigkeiten: Bei BIMI ist man auf Zertifizierungsstellen angewiesen, während Apple und trustedDialog die Kontrolle über die Anzeige des Logos in ihren jeweiligen Ökosystemen behalten. Ist das Absenderlogo einmal etabliert, kann dessen plötzliches Verschwinden von Empfängern als Vertrauensverlust interpretiert werden.

Zudem gilt: Keine der drei Lösungen erreicht alle E-Mail-Clients oder Postfächer. Unternehmen stehen daher vor der Herausforderung, sich entweder mit einer begrenzten Sichtbarkeit zu begnügen oder mehrere, teils kostenpflichtige Systeme parallel zu betreiben, um möglichst viele Empfänger zu erreichen.

Nicht zu vergessen: Die Implementierung der zugrunde liegenden Authentifizierungs-Standards (DKIM, SPF, DMARC) und entsprechende Reporting-Tools kosten ebenfalls Zeit und Geld – sollten aber ohnehin auf der Agenda stehen, unabhängig vom Logo-Branding.

Und jetzt? Der Evaluierungs-Leitfaden

Die Entscheidung für oder gegen Logo-Branding sollte datenbasiert erfolgen und sich nicht auf generelle Marktzahlen, sondern immer auf die eigene Verteilerstruktur stützen. Diese zwei Fragen helfen bei der Bewertung:

Wo werden Ihre E-Mails gelesen?

Exportieren Sie Ihre E-Mail-Statistiken der letzten 12 Monate. Wichtig: Apple’s Mail Privacy Protection verfälscht Öffnungsraten – konzentrieren Sie sich daher auf Klickdaten als verlässlicheren Indikator für echtes Engagement. Während Apple automatisch „Öffnungen“ registriert, ohne dass der Nutzer die E-Mail tatsächlich lesen muss, zeigen Klicks echtes Interesse. 

Entscheidend ist der E-Mail-Client, nicht der Provider: Wenn viele GMX-Adressen oder Gmail-User ihre E-Mails über Apple Mail abrufen, ist trustedDialog/BIMI für diese Nutzer weniger relevant, da sie das Logo per trustedDialog / BIMI nicht in ihrer Apple Mail Client sehen.

Praktische Bewertung der Client-Verteilung:

  • Hoher WEB.DE/GMX-Client-Anteil: trustedDialog als größten Hebel evaluieren
  • Signifikanter Apple-Mail-Anteil: Apple Branded Mail prüfen – auch bei geringeren Anteilen sinnvoll, da kostenlos
  • Hoher Gmail-Client-Anteil: BIMI in Betracht ziehen, aber wegen der VMC-Kosten nur bei relevantem Anteil wirtschaftlich

Zusätzlicher Tipp: Segmentieren Sie nach Engagement-Level. Ihre aktivsten Empfänger sind oft überdurchschnittlich in bestimmten Clients vertreten, deren Präferenzen sollten bei der Entscheidung stärker gewichtet werden.

Lassen sich Effekte in Business-KPIs messen?

Können Sie den potenziellen Uplift monetär bewerten? Bei E-Commerce mit direktem Verkauf aus der E-Mail ist das einfach: Mehr Klicks = mehr Käufe. Bei redaktionellen Produkten oder B2B-Kommunikation wird es komplexer. Definieren Sie vorab: Was ist Ihnen eine zusätzliche Öffnung oder ein zusätzlicher Klick wert? Branding-Effekte spielen natürlich mit rein, sind aber schwierig zu messen – das ist okay, sollte nur vorher geklärt werden. 

Der Vorteil, wenn wir uns auf messbare KPIs konzentrieren: Klicks, Conversions, Leads oder Abonnements lassen sich klar bewerten. Wir können bereits vorher schauen, welchen Mindest-Uplift unsere Kampagnen mit Logo-Branding bringen müssen, damit sich die Investition lohnt.

Beispielrechnung: Angenommen, wir haben 1.200 € Kosten für BIMI & VMC und 30% Gmail-Empfänger. Dann muss in diesem Gmail-Segment mindestens ein Mehrwert von 1.200 € plus den Wert, der für die Implementierungszeit entsteht, damit sich BIMI rechnet.

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