Was kostet eine Abmahnung?

Autor: Jens Eckhardt. Rechtsanwälten steht bei Abmahnungen im Fall von E-Mail- und Telefonwerbung, welche an den Rechtsanwalt selbst gerichtet war, kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Abmahnung zu. Der BGH hat dies in zwei jüngst veröffentlichten Entscheidungen deutlich gemacht.

Bei typischen, unschwer zu erkennenden und zu verfolgenden Rechtsverletzungen – also bei einfach gelagerten Fällen – besteht nach der Rechtsprechung des BGH für selbst betroffene Rechtsanwälte kein Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Kosten. Das gilt jedenfalls für das erste Anwaltsschreiben. Eine solche Einfachheit liegt nach Ansicht des BGH – und das macht die Relevanz der Entscheidungen aus – sowohl für die Telefonwerbung als auch für die E-Mail-Werbung vor. Nach den Ausführungen des BGH in diesen Entscheidungen gilt das sowohl für den Rechtsanwalt, der sich selbst vertritt, als auch für den Rechtsanwalt, der sich von einem anderen Rechtsanwalt, insbesondere einem Kollegen, vertreten lässt. Der BGH hat auch ausdrücklich klargestellt, dass allein die zeitliche Inanspruchnahme des Geschädigten für die Rechtsverfolgung nicht genügt, um die Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten zu begründen.
Zu beachten ist allerdings, dass der BGH bei der Annahme der Einfachheit davon ausging, dass die Identität des Anrufers bzw. des Absenders der E-Mail klar und auch die Widerrechtlichkeit nicht zweifelhaft war. Eine andere Beurteilung kann daher jedoch in Betracht kommen, falls diese Voraussetzungen nicht gegeben sind.

In der Begründung beider Entscheidungen hat der BGH aber auch deutlich gemacht, dass nur theoretisch denkbare, aber im konkreten Fall nicht auftretende Probleme bei der rechtlichen Bewertung an dem Ausschluss der Kostenerstattung nichts ändern. Beispielsweise genügt es nicht, dass theoretisch ein mutmaßliches Einverständnis rechtlich relevant sein könnte, wenn im konkreten Fall für ein solches aber keine Anhaltspunkte bestehen. Es sollte also auch dann gegen die Kosten Widerstand geleistet werden, wenn versucht wird, die Probleme „herbei zu reden“.

In der Praxis sind damit zwei Aspekte besonders zu beachten:
Mit der typischerweise reklamierten „eklatanten Offensichtlichkeit“ des Verstoßes begründet der Abmahnende selbst die Einfachheit der Sache. Für den Kostenerstattungsanspruch kann das im Ergebnis als „Selbstwiderlegung“ durch den Abmahnenden bewertet werden. Offensichtlich routinemäßig in der Masse verwendete Abmahnungen, die (fast) keine Individualisierung des konkreten Sachverhalts erkennen lassen, erleichtern ebenfalls die Argumentation zur Begründung einer Selbstwiderlegung.

Um Missverständnisse auszuschließen:
Der BGH hat nichts an den Grundsätzen geändert, unter welchen Voraussetzungen Telefon- und E-Mail-Werbung zulässig ist. Es ist nachdrücklich davor zu warnen, nach dem Prinzip „kostet ja nichts mehr“ die Voraussetzungen unbeachtet zu lassen. Die Unterlassungspflicht besteht weiterhin und es mahnen nicht nur Rechtsanwälte in eigener Sache ab.

Als Fazit bleibt Folgendes festzuhalten:
Die Betroffenen sollten rasch qualifiziert klären oder mit ihrem Rechtsberater abstimmen, ob die mit der Abmahnung geforderte Unterlassungserklärung abgegeben wird. Denn bei zu langem Abwarten kann das Argument der Einfachheit der Sache „verloren gehen“. Wird die geforderte Erklärung abgegeben, sollte dem Druck zur Kostenerstattung Stand gehalten werden. Zumal das Risiko einer einstweiligen Verfügung im Falle der Abgabe der Unterlassungserklärung nicht mehr droht. Es droht zwar der Rechtsstreit über die Kosten. Es bestehen unter vorgenannten Gründen jedoch sehr gute Aussichten diesen zu gewinnen. Nicht ausgeschlossen ist der Kostenerstattungsanspruch allerdings, wenn ein nicht juristisch ausgebildeter Adressat der Werbung einen Rechtsanwalt beauftragt.

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