Adressgenerierung mit Gewinnspielen: Was sagt die DSGVO?

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat entschieden, dass es auch nach der DSGVO zulässig ist, Werbeeinwilligungen über Gewinnspiele einzuholen. Ein Energieunternehmen hatte einen Wettbewerber wegen verschiedener Werbemaßnahmen verklagt. Es ging unter anderem um den Anruf bei einer Kundin. Das beklagte Energieunternehmen hat letztlich verloren; Dennoch ist das Urteil gut für die Werbenden (OLG Frankfurt vom 27.06.2019, Az. 6 U 6/19).

Werbeinwilligung bei einem Gewinnspiel
Bezweifelt wurde, dass die Kundin Einwilligung in die telefonische Werbung erteilt hat. Das werbende Unternehmen berief sich darauf, dass die angerufene Kundin an einem Gewinnspiel teilgenommen und in diesem Rahmen eine Einwilligung in die Telefonwerbung auch dieses Energieunternehmens erteilt habe. Das Gericht beschäftigt sich dann mit der Wirksamkeit einer solchen Einwilligung nach der Datenschutzgrundverordnung und kommt zu dem Schluss, dass die Einholung solcher Einwilligungen auf diesem Wege auch nach der DSGVO zulässig ist. Dabei setzt sich der Senat detailliert mit den einzelnen Voraussetzungen der Einwilligung auseinander.

Ist die Einwilligung freiwillig erteilt worden?
Das Gericht prüft, ob die Einwilligung freiwillig erteilt wurde und sieht kein Problem darin, dass hier eine Kopplung an ein Gewinnspiel vorlag. „Freiwillig“ sei gleichbedeutend mit „ohne Zwang“. Es genüge, dass der Betroffene eine echte oder freie Wahl hat und in der Lage ist, die Einwilligung zu verweigern, ohne Nachteile zu erleiden. Dies ergibt sich auch aus Erwägungsgrund (42) DSGVO. Insbesondere dürfe auf den Betroffenen kein Druck ausgeübt werden. Ein bloßes Anlocken durch Versprechen einer Vergünstigung, etwa einer Teilnahme an einem Gewinnspiel, reiche dafür nicht aus.

Der Freiwilligkeit stehe nicht entgegen, dass die Einwilligungserklärung mit der Teilnahme an einem Gewinnspiel verknüpft ist. Der Verbraucher könne und müsse selbst entscheiden, ob ihm die Teilnahme die Preisgabe seiner Daten „wert“ ist. Bedauerlich ist, dass sich das Gericht nicht im Detail mit Art. 7 Abs. 4 DSGVO auseinandergesetzt hat – jedenfalls hat es dies nicht ausdrücklich erwähnt.

Richtig ist die Entscheidung dennoch: Die DSGVO enthält kein echtes Kopplungsverbot. Vielmehr spielt die Frage der Kopplung lediglich im Rahmen der Prüfung der Freiwilligkeit eine Rolle. Dies schließt aber gerade nicht aus, dass auch an einen Vertragsschluss oder die Teilnahme an einem Gewinnspiel geknüpfte Einwilligungen freiwillig erteilt wurden. Hier ist der Fall recht klar: Niemand muss an einem Gewinnspiel teilnehmen. Wer für die Gewinnchance seine – jederzeit widerrufbare – Werbeeinwilligung erteilt, tut dies aus freien Stücken.

Wie viele Sponsoren darf ein Gewinnspiel haben?
Die Einwilligung muss nach den Vorgaben der DSGVO „für den bestimmten Fall“ erteilt worden sein. Eine Einwilligung erfüllt diese Voraussetzung, wenn sich aus ihr klar ergibt, mit welchen Werbemaßnahmen welcher Unternehmen der Einwilligende rechnen muss. Es muss den Teilnehmenden also klar werden, welche Produktart welcher Unternehmen beworben werden können.

Lässt sich nicht erkennen, auf welche Art Werbemaßnahmen welcher Unternehmen sich die Einwilligung erstrecken soll, ist die Einwilligungserklärung unwirksam. Zweifelhaft ist das zum Beispiel, wenn eine große Anzahl an Unternehmen aufgezählt werden, zu deren Gunsten eine Werbeeinwilligung erteilt werden soll. Wird sich der teilnehmende Verbraucher realistischer Weise nicht mit all diesen Unternehmen und deren Geschäftsfeldern befassen, ist die Einwilligung nicht mehr hinreichend klar. Sollen aber lediglich – wie hier – acht Unternehmen von den abgegebenen Einwilligungen profitieren, sei diese Grenze deutlich noch nicht erreicht.

Schon nach altem Recht zog man die Grenze bei 10 Sponsoren.

Wie detailliert müssen die zu bewerbenden Produkte beschrieben werden?
Auch die Beschreibungen der Produktkategorien fand das Gericht ausreichend. Zwar reichen allgemeine Beschreibungen („Finanzdienstleistungen aller Art“ oder „Produktmarketing“) nicht aus. Hier gab das Energieunternehmen die zu bewerbenden Produkte aber mit „Strom & Gas“ an, was nicht zu beanstanden sei.

Dass die Beschreibungen anderer Co-Sponsoren des Gewinnspiels den Mindestanforderungen möglicherweise nicht genügten („Marketing und Werbung“), ändert nichts an der Wirksamkeit der Werbeeinwilligung gegenüber dem Energieunternehmen. Die fehlende Erkennbarkeit für ein Unternehmen habe nicht zur Folge, dass die gesamte Zustimmungserklärung „infiziert“ und auch hinsichtlich der übrigen Unternehmen unwirksam ist.

Generell wird aus dieser Rechtsprechung häufig der falsche Schluss gezogen, für eine wirksame Werbeinwilligung müsse jeweils im Detail festgelegt werden, welche Waren oder DIentsleistungen konkret beworben werden sollen. Das gilt aber nur, wenn sich dies nicht schon aus den konkreten Umständen der Werbeinwilligung selbst ergibt. Holt etwa die Deutsche Telekom Einwilligungen in die Werbung ein, werden die Betroffenen jedenfalls mit Werbung für Telefonie- und Internetprodukte rechnen. Einer detaillierten Belehrung darüber braucht es nicht. Anders ist das in der Tat beim Co-Sponsoring. Wenn „Marketing-Unternehmen“ als Co-Sponsor auftreten, ist eine entsprechende Information notwendig, damit die Einwilligung als „für den konkreten Fall erteilt“ gelten kann.

Beweis der Einwilligungserteilung gelingt nicht
Im Ergebnis hat das Energieunternehmen den Prozess aber verloren. Die angerufene Kundin hat bestritten, dass sie an einem Gewinnspiel teilgenommen hatte. Der Werbetreibende hat behauptet, dass es ein kombiniertes E-Mail-Telefon-Double-Opt-in gegeben habe, bei der die Teilnehmer Rufnummer und E-Mail-Adresse angeben mussten, aber nur die E-Mail-Adresse durch ein Double-Opt-in-Verfahren bestätigt wurde.

Selbst wenn die E-Mail-Adresse das Double-Opt-in-Verfahren durchlaufen habe, sei die Telefonnummer damit nicht verifiziert, weil schließlich auch falsche Rufnummern ohne Weiteres eingetragen werden können. Dass ein SMS-Code versendet oder ein Rückruf erbeten worden sei, um auch eine telefonisches Double-Opt-in durchzuführen, wurde wohl nicht wirklich dargelegt.

Fazit
Die Entscheidung ist insgesamt erfreulich für die Werbebranche, weil sie deutlich macht, dass auch in Zeiten der DSGVO Einwilligungen an die Teilnahme an Gewinnspielen geknüpft sein dürfen und ein Co-Sponsoring mit einer überschaubaren Zahl an Sponsoren zulässig ist. Wünschenswert wäre gewesen, wenn sich das Gericht ein bisschen klarer mit der entsprechenden Vorschrift in der DSGVO auseinandergesetzt hätte.

Darüber hinaus zeigt das Urteil aber auch die Schwierigkeiten bei der Dokumentation der Einwilligung. Wer sich auf Lead-Generatoren einlässt, muss klare vertragliche Vorgaben machen, in welcher Weise erteilte Einwilligungen dokumentiert sein müssen. Wer hier im Blindflug unterwegs ist, hat bei einer Klage durch spätere Empfänger, Wettbewerber oder Verbraucherverbände schlechte Karten.

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