Ein Ärgernis für alle E-Mail-Marketer sind E-Mails, die beim Empfänger im Spam-Ordner landen und so nicht oder nur zeitverzögert zur Kenntnis genommen werden. Dass der Spam-Ordner auch rechtlich ein größeres Problem sein kann, zeigt ein aktuelles Urteil aus Österreich.
Im Rechtsverkehr kommt es häufig darauf an, ob und wann bestimmte Schreiben den Empfänger erreicht haben. Das Gesetz knüpft etwa den Lauf bestimmter Fristen an den Eingang beim Empfänger. Viele Erklärungen gelten erst ab Zugang bei dem Adressaten. Dies gilt etwa für Vertragsangebote oder –annahmen und Kündigungserklärungen. Umgekehrt sehen die Gesetze gerade im Verbraucherrecht vielfach Pflichtinformationen vor. So gelten im Datenschutzrecht bestimmte Pflichtinformationen über die Datenverarbeitungsschritte. Im Online-Handel muss über das Widerrufsrecht und viele andere Umstände informiert werden. Zum Teil müssen diese Informationen mindestens in Textform vorliegen. Zugestellte E-Mails erfüllen die Kriterien der Textform. Die Frage ist aber: Ist eine E-Mail auch dann zugestellt, wenn sie lediglich im Spam-Folder des Empfängers landet?
Die ungeliebte Maklerprovision
Darüber hat kürzlich der Oberste Gerichtshof Österreichs (OGH) in einer aktuellen Entscheidung befunden (3 Ob 224/18i). Konkreter Anlass war ein Streit über eine Immobilienmaklerprovision. Ein Ehepaar interessierte sich für ein Reihenhaus, das in einer Anzeige beworben worden war und kontaktierte den Makler telefonisch. Dieser übermittelte wie gewünscht Unterlagen zu dem Haus noch am gleichen Tage per E-Mail. Diese Unterlagen enthielten u.a. das Angebot zum Abschluss eines Maklervertrages und zahlreiche Pflichtinformationen zu Rücktrittsrechten nach österreichischem Recht und ein verpflichtendes Muster-Rücktrittsformular. Eine gute Woche später riefen die Interessenten erneut bei dem Makler an, weil sie meinten, keine Informationen erhalten zu haben. Daraufhin vereinbarten die Parteien einen Besichtigungstermin und der Makler übersandte die Informationen am Folgetag erneut per E-Mail.
Im Spam-Ordner gefunden…
Aus Anlass des Besichtigungstermins wurden die beiden E-Mails dann im Spam-Ordner des potenziellen Käufers gefunden. In der Folge kam der Vertrag ohne weiteres Zutun des Maklers zustande, weil die Käufer sich direkt mit der Verkäuferin einigten. Die Käufer traten anschließend von einem etwaig geschlossenen Maklervertrag zurück und verweigerten unter Berufung auf die angeblich fehlende Rücktrittsbelehrung die Zahlung der Maklerprovision. In der Tat kann noch ein Jahr nach Vertragsschluss vom Maklervertrag zurücktreten (nach deutscher Diktion widerrufen), wer nicht ordnungsgemäß belehrt wurde. Bei ordnungsgemäßer Belehrung gilt dagegen eine deutlich kürzere Frist von 14 Tagen.
Rücktrittsbelehrung im Spam-Order ausreichend?
Nur, wenn schon die erste E-Mail als zugegangen galt, konnte man davon ausgehen, dass die Rücktrittsfrist bereits abgelaufen war. Der OGH hatte demnach darüber zu befinden, ob die erste E-Mail zugegangen war, obschon sie beim Empfänger Spam-Ordner landete. Hier machte das Gericht aber kurzen Prozess. Zugegangen ist eine E-Mail, wenn sie so in den Machtbereich des Adressaten gelangt ist, dass der Empfänger die Möglichkeit hatte, die Erklärung zur Kenntnis zu nehmen, selbst wenn sie dieser persönlich nicht erhalten hat. Dies sei bei Spam-E-Mails ohne Weiteres der Fall. Die Eheleute hätten zu erkennen gegeben, grundsätzlich per E-Mail erreichbar zu sein und seien daher auch für die Durchsicht ihres Spam-Ordners verantwortlich.
Spam-Filter ist Sache des Empfängers
Demnach sind auch E-Mails, die für den Empfänger zunächst unsichtbar im Spam-Filter hängenbleiben, zugegangen. Dies kann schon deshalb nicht anders sein, weil der Absender es nicht in der Hand hat, ob der Empfänger einen Spam-Filter einsetzt und wie streng dieser dort eingestellt ist.
Es ist daher – ob beruflich oder privat – stets ratsam, dem Spam-Ordner im Blick zu behalten, möchte man negative Folgen vermeiden.
Sehr geehrter Herr Schirmbacher,
vielen Dank für diese rechtliche Information. Mit Verlust (durch den Spam-Ordner) oder einer geringeren Öffnungsrate muss man beim E-Mail Marketing ja leider oft rechnen. Gerade wenn der Mail-Anbieter ein neues Update schaltet, kann dies der Fall sein.
Da hilft leider oft nur: Neukundengewinnung oder der Hinweis, den Absender auf die vertrauliche Liste zu setzen.
Viele Grüße,
Teresa