Drum prüfe wer … ein Unterlassungsversprechen abgibt

Abmahnungen wegen unaufgeforderter Werbung per E-Mail sind an der Tagesordnung. Wer keine Klage riskieren möchte, gibt eine Unterlassungserklärung ab. Mit dieser Erklärung verpflichtet sich der Werbende, eine Vertragsstrafe für den Fall zu zahlen, dass in Zukunft dennoch werbende E-Mails ohne Einwilligung versendet werden. Darüber kommt dann ein Vertrag mit dem Abmahnenden zustande. Ein aktueller Fall, der vor dem Landgericht Nürnberg verhandelt wurde, zeigt, worum dann im Zweifel gestritten wird und wie lang der Atem einer Unterlassungserklärung ist.

Unterlassungserklärung aus dem Jahre 2008
In dem Sachverhalt ging es um Telefonwerbung, die Erkenntnisse lassen sich jedoch auf die Werbung per E-Mail 1:1 übertragen. Schon im Jahre 2008 hatte ein Unternehmen auf die Abmahnung eines Wettbewerbsverbandes hin eine Unterlassungserklärung abgegeben. Darin verpflichtete sich das Unternehmen, es zu unterlassen, Dienstleistungen per Telefon gegenüber Personen zu bewerben, die nicht zuvor ihr Einverständnis mit einer Werbung per Telefon erklärt haben. Für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung sollte das Unternehmen eine angemessene Vertragsstrafe zahlen.

Vermeintlicher Verstoß knapp 10 Jahre später
Im Sommer 2017 rief das Unternehmen bei einer potenziellen Kundin an, um diese telefonisch zu beraten. Davon erfuhr der Verband und macht 5.000,- Euro Vertragsstrafe geltend. Das werbende Unternehmen verteidigte sich damit, dass die Angerufene unter der Angabe ihrer E-Mail-Adresse an einem konkret benannten Gewinnspiel teilgenommen und hierbei in die telefonische Kontaktaufnahme zu Werbezwecken eingewilligt habe. Im Rahmen des Gewinnspiels sei durch einen Link auf eine Sponsorenliste verwiesen worden, auf der sich drei Unternehmen befunden hätten, darunter eben das werbende Unternehmen.

Diese Sponsoren seien mit vollständiger Geschäftsadresse und unter Angabe des Geschäftsbereichs, für den die Werbung zu erwarten gewesen sei, angegeben worden. Nach der Anmeldung auf der Landingpage habe die Dame eine Check-E-Mail erhalten, mit der sie aufgefordert worden sei, ihr Einverständnis mit der Telefonwerbung zu bestätigen. Den entsprechenden Bestätigungslink habe die Frau angeklickt.

Kein schuldhafter Verstoß
Die Vertragsstrafe ist fällig, wenn der Anruf bei der Dame ein schuldhafter Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung war. Das verneint das Gericht aber. Es liege jedenfalls kein schuldhafter Verstoß vor. Vielmehr habe das werbende Unternehmen ausreichend nachgewiesen, dass eine Einwilligung eingeholt wurde (LG Nürnberg-Fürth vom 13.9.2018, Az. 19 O 266/18).

Das per E-Mail durchgeführte Double-Opt-in-Verfahren biete ausreichende Sicherheit auch hinsichtlich der Telefonwerbung. Interessant ist, dass das werbende Unternehmen den Nachweis, dass die Angerufene den Bestätigungslink in der Check-Mail angeklickt hat, mit einem Zeugen führt. Bei dem Zeugen handelt es sich offenbar um einen Dienstleister, der die Opt-Ins über das Gewinnspiel generiert hatte. Dass dieser ein eigenes Interesse daran hatte, dass das werbende Unternehmen hier obsiegte, hielt das Gericht zu Recht für unschädlich. Offenbar konnte dieser die technischen Hintergründe überzeugend darlegen. Nachgewiesen war auch, dass die verwendete E-Mail-Adresse der angerufenen Person zuzuordnen war.

Co-Sponsoring nicht zu beanstanden
Interessant sind auch die Ausführungen des Gerichts zum generierten Opt-in. Der Einwilligungstext sei hinreichend transparent, weil ohne Weiteres erkennbar war, dass es um ein Einverständnis in die Telefonwerbung ging und wer zu welchen Zwecken gegebenenfalls anrufen würde.

Hier wurde die Einwilligung zu Gunsten von lediglich drei Unternehmen eingeholt. Diese waren als Sponsoren des Gewinnspiels genau genannt. Angegeben war auch der Geschäftsbereich, auf den sich die Einwilligung beziehen sollte, so dass die Einwilligenden ungefähr wussten, mit welcher Werbung sie zu rechnen hätten. Offenbar ging es um die Vermittlung von Versicherungsverträgen. Dabei verlangte das Gericht nicht, dass noch konkreter angegeben würde, auf welche Art von Versicherungen die Werbung beziehen würde.

Kein Kündigungsrecht
Das werbende Unternehmen nahm den Rechtsstreit zum Anlass, die Unterlassungsvereinbarung zu kündigen. Gegenstand des Klageverfahrens war auch, ob das Vertragsstrafeversprechen durch die Kündigung erloschen ist.

In der Tat ist es so, dass auch Unterlassungsverträge bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden können. Nach § 314 BGB kann ein Dauerschuldverhältnis fristlos aus wichtigem Grund gekündigt werden, wenn dem kündigenden Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dies zeigt, dass die Anforderungen für eine solche Kündigung hoch sind. Grundsätzlich muss man sich auch zehn Jahre nach Abgabe der Unterlassungserklärung noch an die Verpflichtung halten und kann nicht einfach kündigen.

Das werbende Unternehmen hatte gleich drei Gründe ins Feld geführt:

  • Die Unterlassungserklärung sei unklar: Dies ließen die Richter aber nicht gelten und legten die Erklärung schlicht anhand des Gesetzes aus.
  • Die Rechtslage habe sich inzwischen geändert: Auch hier sahen die Richter aber keinen Kündigungsgrund. Zwar habe sich in der Tat in der langen Zwischenzeit das Gesetz geändert, doch sei dies nicht so gravierend, dass deshalb der ganze Unterlassungsvertrag gekündigt werden könne. Weil jedes Verhalten, das gegen die Unterlassungserklärung verstößt, auch einen Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG in der derzeitigen Fassung darstellt, ist eine Änderung in der Zumutbarkeit des Unterlassens nicht entstanden.
  • Zeitablauf von 10 Jahren: Auch deswegen könne nicht gekündigt werden. Die Verpflichtung sei unbefristet eingegangen worden und es gebe auch kein Anlass, davon nun abweichen zu dürfen.

Der Unterlassungsvertrag besteht also fort und das werbende Unternehmen muss sich – mit allen bestehenden Risiken – auch noch 10 Jahre nach Abgabe der Unterlassungserklärung daran halten.

Fazit
Das Urteil zeigt deutlich, welche Schwierigkeiten eine einmal abgegebene Unterlassungserklärung wegen unzulässiger Werbung mit sich bringen kann. Insbesondere, wenn der Anspruch von einem Verband geltend gemacht wird und die Unterlassungserklärung deshalb nicht auf einzelne Personen oder E-Mail-Adressen beschränkt ist, droht bei jeder weiteren Werbeaussendung die Inanspruchnahme auf Zahlung der Vertragsstrafe. Dementsprechend ist in diesen Fällen noch mehr darauf zu achten, dass wasserdichte Opt-ins eingeholt werden. Auch Jahre nach Opt-in-Generierung muss noch dokumentiert und nachweisbar sein, wie die Einwilligungen eingeholt wurden und dass sie sich gerade auf die Umworbenen beziehen. Das Verschuldenserfordernis hat dem werbenden Unternehmen im konkreten Fall geholfen und tut dies in der Praxis häufiger. Dennoch sollte stets sorgfältig abgewogen werden, ob eine Unterlassungserklärung abgegeben werden kann.

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