Immer mehr Unternehmen haben bieten ihren Kunden ein eigenes Internetportal. Die Nutzerinnen der Portale können darin zum Beispiel Vertragsunterlagen einsehen, Fragen an das Unternehmen adressieren oder neue Verträge abschließen. In der Regel gibt es zudem ein Postfach, in das dem Kunden Nachrichten eingestellt werden können. Aktuelle Urteile von EuGH und BGH werfen die Frage auf, für welche Werbeformen im Kundenportal es einer Einwilligung der Kunden bedarf.
EuGH und BGH zur Inbox-Werbung
Der EuGH hat entschieden, dass Werbeanzeigen in der Inbox von Nutzern eines Freemail-Dienstes wie Werbe-E-Mails einwilligungsbedürftig sind (EuGH vom 25.11.2021, Az. C‑102/20). Dies gelte auch dann, wenn sich diese Anzeigen von den Maileingängen dadurch unterscheiden, dass sie optisch hervorgehoben und als Anzeige gekennzeichnet sind. Deshalb bedürfe es – wie für die echte Werbung per E-Mail – einer Einwilligung in diese Werbeform.
Der BGH hat nun nachgelegt und wenig überraschend entschieden, dass es für die Einwilligung nicht ausreicht, einen kostenfreien E-Mail-Dienst zu nutzen und deswegen mit jedweder Werbung im Portal einverstanden zu sein (BGH vom 13.1.2022, Az. I ZR 25/19). Vielmehr bedürfe es einer konkreten auf den Fall der Inbox-Werbung bezogenen Einwilligung der Nutzer. Diese liegt natürlich nicht vor, so dass diese Werbeform praktisch tot sein dürfte.
Fraglich ist aber, was aus den Urteilen für Kundenportale folgt.
Werbende Nachrichten in Postfächern von Kundenportalen sind einwilligungsbedürftig
Enthalten Nachrichten in Postfächer in Kundenportalen Werbung sind solche Nachrichten einwilligungsbedürftig. Dies gilt nach der EuGH-Entscheidung grundsätzlich auch für Nachrichten des Portalbetreibers selbst, auch wenn diese nicht im engeren Sinne „versendet“ werden. Möchte der Portalbetreiber werbende Nachrichten in das Postfach des Kunden einstellen, bedarf dies also einer Einwilligung des Kunden.
Die Tatsache, dass sich den Kunden in einem Kundenportal häufig nicht die Funktion bietet, selbst Nachrichten zu versenden, dürfte für die Bewertung keine Rolle spielen. Entscheidend ist für den EuGH, dass sich die Werbung aus Sicht der Kunden als elektronische Nachricht des Werbenden darstellt. Ob das auch für bloße Notifications gilt, ist offen. Einerseits können das bloße (transaktionsbezogene) Hinweise sein („Sie haben neue Nachrichten“). Gilt die Notification aber einem Hinweis auf eine werbende Nachricht („Wir haben ein neues Angebot für Sie“), liegt darin schon eine Werbung, die einer Einwilligung bedarf.
Einholung der Einwilligung
Für die erforderliche Einwilligung genügt es, dass generell eine Einwilligung in die Werbung per elektronischer Post im Allgemeinen oder per E-Mail im Besonderen erteilt wurde. Auch eine speziellere Einwilligung in die Werbung innerhalb des Postfachs genügt. Diese Einwilligung kann bei Abonnement eines Newsletters eingeholt werden. Aber auch bei der Anlage des Kundenkontos für das Portal darf nach einer Einwilligung gefragt werden. Dies geht durchaus auch mehrfach.
Nicht jede Werbung im Kundenportal bedarf einer Einwilligung
Von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG sind auch in Kundenportalen aber allenfalls Postfächer betroffen. Allgemeine Werbung innerhalb eines Login-Bereichs, aber außerhalb eines dortigen Postfachs, ist auch dann grundsätzlich nicht einwilligungsbedürftig, wenn diese auf den jeweiligen Kunden zugeschnitten und personalisiert ist. Next-Best-Offer-Banner dürfen also in einem privaten Bereich des Kunden eingeblendet werden, ohne dass dafür eine Einwilligung erforderlich wäre. Elektronische Post liegt darin nicht.
Eine gänzlich andere Frage ist, inwieweit die Werbung in Abhängigkeit von Informationen über den Kunden aus datenschutzrechtlicher Hinsicht personalisiert bzw. individualisiert sein darf. Die Datenschutzbehörden vertreten hier deutlich zu strenge Ansichten.
Keine Kennzeichnungspflicht
Werbenachrichten müssen grundsätzlich gekennzeichnet werden, wenn sich anders nicht verhindern lässt, dass die Adressaten über den Werbecharakter getäuscht werden. Ob eine Werbung als solche erkennbar ist, richtet sich nach dem verständigen und durchschnittlichen aufmerksamen Nutzer, letztlich also der jeweils eingeloggten Kunden. Je nach Ausgestaltung des Portals wird sich der werbende Zweck aus den Umständen ergeben. Für eine Täuschung über die Neutralität ist bei Kundenportalen meist kein Raum. Der Kunde erwartet dort natürlich Nachrichten des jeweiligen Unternehmens. Insofern bedarf es keiner Kennzeichnung.