Digital Marketing Trends kritisch hinterfragt

Im Januar hagelt es Trend-Reports. Aber muss ich das wirklich alles wissen? Welcher Trend ist für die Marketing-Abteilung eines Unternehmens relevant und welcher nicht? Sprachassistenten werden wichtig, Blockchain nicht.

In diesem Beitrag habe ich das Buzzword-Bingo ans Ende gestellt und beginne mit den unspektakulären Klassikern. Am Anfang stehen die Themen, mit denen Sie sich hoffentlich längst schon beschäftigen. Am Ende stehen die Dinge, die in Zukunft eine Rolle spielen werden.

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Content Marketing – wissen, was relevant ist
Dass relevante Inhalte besser ankommen als plumpe Werbung wissen wir, seit Redbull Felix Baumgartner aus dem Weltall hat springen lassen. Nun reicht es aber nicht, die Werbeabteilung in „Redaktion“ umzubenennen. Wenn Sie mit Inhalten zu mehr Klicks und Conversions kommen wollen, stellen Sie echte Journalisten ein. Die haben gelernt, Themen für Menschen zu erarbeiten und aufzubereiten. Und messen Sie präzise, was Sie die Erstellung von Content kostet und welche Inhalte die meisten Interessenten bringen. Wenn möglich, messen Sie auch die Konversionsrate und die Kosten je Transaktion. Und gleich zu den Buzzwords: Manche nennen diese strukturierte Form der kosteneffizienten Besuchergewinnung auch Growth Hacking. Aber Vorsicht vor Wundern: Allein durch Mundpropaganda läuft hier nichts. Dass man mit Earned Media von Push zu Pull kommt, ist ein Ammenmärchen. Nach wie vor muss auch der beste Content anschließend bestmöglich über alle Kanäle gezielt distribuiert werden.

Marketing Automation – die richtige Botschaft im richtigen Moment
Direktmarketing funktioniert nur, wenn richtig personalisiert wird. Nach wie vor ist E-Mail der meistgenutzte Kommunikationskanal im Marketing. Und Unternehmen erkennen, dass Massenbotschaften nur ein kurzes Strohfeuer entfachen. Es gilt, die Systeme zu vernetzen um im richtigen Moment mit den richtigen Inhalten Präsenz zu zeigen. Wer Interessenten auf seine Website gebracht hat, kann automatisiert Einwilligungen generieren. Jedes dritte Unternehmen lässt seine teuer akquirierten Besucher einfach so wieder von dannen ziehen, ohne die Chance der automatisierten Leadgenerierung zu nutzen. Die anderen nutzen Marketing Automation und bauen Begrüßungs- und Lead-Nurturing-Strecken auf, um potenzielle Kunden zu identifizieren. Auch Warenkorbabbrecher- oder Reaktivierungskampagnen sind beliebt.

Personalisierung – Customer Experience verbessern
Mit der Anrede fängt es an und mit individuellen Inhalten endet es noch lange nicht: Genug Möglichkeiten, Kunden zu begeistern oder auch zu verärgern. Und von denen droht jeder zweite zu wechseln, wenn ein Anbieter die Kommunikation nicht personalisiert. Hier sind ein paar Tipps zur Personalisierung. Interessant auch, dass es viele Newsletter gibt, bei denen zwar der Name bei der Anmeldung abgefragt wird, anschließend aber nicht zum Einsatz kommt. Überhaupt gibt es erschreckend viele Unternehmen, deren Datenbanken so schlecht gepflegt sind, dass Sie Angst vor der Verwendung der Namen Ihrer Adressaten haben.

Systeme integrieren – Ende der Datensilos
Damit Marketing-Automation funktioniert, müssen CRM, E-Mail, CMS und Analytics-Systeme miteinander verbunden sein. Nicht immer muss es gleich eine Marketing-Suite sein, aber nur mit CSV-Dateien zu synchronisieren ist auch nicht elegant. Dazu müssen Abteilungen lernen, zusammenzuarbeiten. Und hier kommt die größte Aufgabe auf Unternehmen zu: Ist es noch zeitgemäß, dass es eigene Abteilungen für Online- und Offline-Marketing gibt? Sollte nicht jedes Projektteam Kompetenz auf allen Kommunikationskanälen haben? Aber welches Search-, Social oder E-Mail-Team löst sich selbst gerne auf?

Customer Journey – wissen, wo der Kunde steht
Die beste Anrede mit dem eigenen Namen ist wertlos, wenn der Inhalt nicht zur Situation passt. Informiert sich jemand zum ersten Mal über ein Thema oder eine Produktkategorie oder ist die Informationsphase längst abgeschlossen. Das beste Conversion-optimierte Design ist wertlos, wenn der Kunde zu Beginn der Informationsphase noch gar nicht bereit ist, zu bestellen. Die Herausforderung ist, dass der gleiche Besucher über unterschiedliche Geräte von verschiedenen Orten zugreift. Omnichannel-Marketing heißt, dass die Kanäle synchronisiert sind und der Kunde überall das bekommt, was ihn jetzt interessiert. Das ist nicht einfach. Und wenn die ePrivacy-Verordnung kommt, wird das Cross-Device-Tracking noch schwieriger als es ohnehin schon ist. Aber auch Hersteller wie Google oder Apple merken, dass Kunden das Tracking lästig wird.

Big Data – Kundenverhalten verstehen
Big Data und künstliche Intelligenz sind spannende Themen, die sich in der Realität jedoch oft als einfache Algorithmen entpuppen. Wichtig ist, alle digitalen Touchpoints auszuwerten, um Aufschluss über Trends im Kundenverhalten zu erspüren. Multivariate Verfahren erlauben es, Gruppen mit ähnlichem Interesse zu erkennen. Ein spannender Aspekt kann sein, Inaktivität von Kunden zu erkennen, bevor sie eintritt. Und dann mehr schreiben als eine E-Mail mit dem Betreff „Torsten, wir vermissen Dich“. Mustererkennung ist ein wichtiger Aspekt beim Einsatz künstlicher Intelligenz. Die Echtzeit-Auswertung einer Vielzahl digitaler Kontaktpunkte ist Kennzeichen von Big Data.

Predictive Targeting – passende Angebote in Echtzeit
Predictive Targeting wird an zwei Stellen eingesetzt: Einerseits bei der Auswahl der richtigen Produktvorschläge für einen bekannten Interessenten. Online-Shops nutzen Recommendation Engines, um passende Angebote automatisiert zu ermitteln. Andererseits wird Predictive Targeting ebenso eingesetzt, wenn beim Programmatic Advertising die richtigen Kunden ausgewählt werden, die mit der höchsten Wahrscheinlichkeit auf Ihre Anzeige klicken werden. Wenn Sie dem System Informationen über bereits bestehende Kunden geben, werden Lookalikes ermittelt, die Ihren Kunden ähnlich sind.

Digitale Assistenten verändern den Dialog mit Kunden
Das Thema steckt noch in den Kinderschuhen und Alexa, Siri und Cortana sind oft ziemlich begriffsstutzig. Trotzdem wird sich hierdurch vieles verändern. Immer mehr Suchanfragen werden über Sprache gestellt, weil es bequem ist. Damit gerät das klassische Suchmaschinenmarketing ins Wanken. Am Monitor kann jemand zwischen zehn Angeboten visuell wählen. Ein Lautsprecher macht einen Vorschlag und der muss passen. Mein Tipp: Nutzen Sie Chatbots und digitale Assistenten so oft Sie können, um eigene Erfahrungen zu sammeln. Als Unternehmen entwickeln Sie Skills und schaffen Schnittstellen zu den bereits bestehenden Systemen. Wer jetzt schon einsteigt, kann mit mehr Aufmerksamkeit rechnen. Denn bald können auch Backöfen, Uhren, Kopfhörer und Brillen reden.

Virtual Reality wird überall sein
Bessere und preiswertere Brillen machen es noch leichter, Virtual Reality zu erleben. Neue Anbieter entstehen. Wer will nicht sein Urlaubsziel oder die Traumwohnung schon mal bequem vom eigenen Sofa aus erleben? Viel spannender jedoch ist Augmented Reality: Die bestehende Welt wird mit einer virtuellen Info-Ebene überlagert. Digitale Außenwerbung wird von dem Trend profitieren. Wer unterwegs ist, kann bequem mit Marken kommunizieren, Und wenn es Nutzen verspricht, wird auch Gesichtserkennung akzeptiert. Angebote müssen Mehrwert versprechen – womit wir wieder beim Content Marketing sind: Ohne Relevanz geht es nicht.

Blockchain bringt für Marketing wenig
Allein die Erwähnung des Begriffs lässt Aktienkurse in die Höhe schnellen. In Bezug auf Kryptowährungen ist Blockchain sicher eine interessante Technologie. Aber es macht stutzig, dass in China, wo die meisten Bitcoin-Hersteller sitzen, diesen „Minern“ der Saft abgedreht wird, weil die Energiekosten zu hoch sind. Sinnvolle Anwendungen finden sich möglicherweise in der Logistik, wie bei Maersk oder UPS. Mir ist aktuell jedoch kein Beispiel einer sinnvollen Anwendung der Blockchain-Technologie im Marketing bekannt.

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