Muss Werbung in Newslettern als Anzeige gekennzeichnet werden?

Ein Berliner Gericht hat entschieden, dass in einem Newsletter einer Computerzeitschrift, Anzeigen deutlich als solche gekennzeichnet werden müssen. Das Gesetz verlange eine deutliche Trennung von redaktionellem Til und werbenden Inhalten. Der beklagte Verlag ging in Berufung – das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen.

Anlass des Verfahrens vor dem Landgericht Berlin war eine Abmahnung der Wettbewerbszentrale (Urteil vom 28.6.2022, Az. 102 O 61/22). Das Gericht hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob und wie kommerzielle Inhalte (Werbung) von redaktionellen Inhalten zu trennen sind. Im zu entscheidenden Fall ging es um einen Newsletter der Zeitschrift Computerbild. Die kurzen Beiträge enthielten jeweils eine Überschrift, ein Bild, einen kurzen Text sowie einen farblich hervorgehobenen Button mit der Aufschrift „Weiterlesen“, mit dem der eigentliche Beitrag beziehungsweise Artikel aufgerufen werden konnte. Bei drei der insgesamt 27 „angeteaserten“ Buttons führte der entsprechende Klick zur Werbung einer Firma für Kfz-Produkte, einer Bank für ein Girokonto mit Visa Debitkarte und sowie eines Herstellers eines Mittels gegen Blasenschwäche. Jeweils am rechten Rand befand sich bei der Werbung in blassgrauer Schrift das Wort „Anzeige“.

Hintergrund der Entscheidung?

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG haben Diensteanbieter bei kommerziellen Kommunikationen, die Telemedien oder Bestandteile von Telemedien sind, dafür zu sorgen, dass kommerzielle Kommunikationen klar als solche zu erkennen sind. Leser sollen dadurch erkennen können, dass es die in der Werbung enthaltenen Aussagen keine Rezensionen oder gar objektive Fakten sind, sondern Werbebotschaften. Werden Werbung und redaktionelle Inhalte im gleichen Zusammenhang präsentiert, ergibt sich hieraus die Verpflichtung, den kommerziellen Inhalt vom redaktionellen Inhalt zu trennen (sog. Trennungsgebot). Für die Erkennbarkeit des Werbeinhalts richtet sich der Maßstab grundsätzlich nach dem Verständnis des mit der Werbung angesprochenen Verkehrskreises.

Wie entschied das Gericht?

Die Kenntlichmachung der Anzeigen als Werbung durch den Verlag war nach Ansicht der Kammer nicht mehr ausreichend. Die Werbung sei zwar mit dem Wort „Anzeige“ gekennzeichnet gewesen, jedoch fiel diese Kennzeichnung aufgrund ihrer geringen Schriftgröße, Farbe und Platzierung kaum auf. Der Gesamteindruck des Newsletters habe den Eindruck vermittelt, auch die Werbung sei Teil der redaktionellen Inhalte. Dabei hat die Kammer ausdrücklich berücksichtigt, dass der angesprochene Verkehrskreis – Leser einer Computerfachzeitschrift – eher internetaffin seien, deshalb mit der Platzierung von Werbung vertraut sein würden und diese daher leichter erkennen könnte. In dem Urteil heißt es: die Werbeverweise

„fügen sich von ihrer grafischen Gestaltung her quasi nahtlos in die Verweise auf Artikel der von der Antragsgegnerin herausgegebenen Publikation „ComputerBild“ ein, da sie jeweils an derselben Stelle Bild- und Textelemente enthalten. Auch die Überschriften im Fettdruck und die Position und Ausgestaltung der zur eigentlichen Werbung weiterleitenden Schaltfläche „Weiterlesen“ sind identisch.“

Gleichzeitig führt das Gericht aus:

„Die Kennzeichnung durch das Wort „Anzeige“ [ist] grundsätzlich ausreichend und auch verkehrsüblich. Allerdings wurde die Art und Weise der von der Antragsgegnerin gewählten Darstellung dem nach den Umständen erforderlichen deutlichen Hinweis nicht gerecht. Sowohl die sehr kleine Schriftart als auch die hellgraue Farbe waren nicht ausreichend, um den durchschnittlichen Empfänger des Newsletters von der ungewollten Kenntnisnahme der mit den Anzeigen verlinkten Werbebotschaften abzuhalten.“

Bewertung des Urteils

Die Entscheidung der Kammer ist im Grundsatz nachvollziehbar. Werbung und redaktioneller Inhalt muss voneinander unterscheidbar sein. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass man in kostenfreien Newslettern werbefinanzierter Internetangebote grundsätzlich Werbeinhalte erwartet. Leserinnen und Leser werden daher mit Werbung im Zweifel rechnen und an die Erkennbarkeit sind eher geringe Anforderungen zu stellen. Auch aus der Formulierung der Anzeige selbst kann sich der werbende Charakter ergeben. Daher wird im Zweifel ein eher unscheinbares „Anzeige“ genügen.

Was bedeutet das für die Praxis?

Aus dem Urteil ergibt sich, dass Werbung stets als solche kenntlich gemacht werden soll. Dies gilt aber nur, wenn es überhaupt einen redaktionellen Teil gibt. Verschickt eine Versicherung einen Newsletter, muss darin enthaltene Werbung auch dann nicht gekennzeichnet werden, wenn auch nicht-werbender Content in dem Newsletter enthalten ist. Ein Newsletter eines Unternehmens, das kein Medienunternehmen ist, ist insgesamt kommerzielle Kommunikation, so dass einzelne werbende Inhalte nicht gesondert gekennzeichnet werden müssen..

Muss gekennzeichnet werden, stellt sich die Frage nach der Art und Weise der Kennzeichnung. Dabei sei es – so das Gericht – nicht ausreichend, dass bei genauem Hinschauen erkennbar wird, dass es sich um Werbeinhalte handelt. Vielmehr wird verlangt, dass ein durchschnittlicher Leser auf den ersten Blick zuordnen kann, was Werbung und was redaktionelle Inhalte sind. Dies hängt jeweils von den Gesamtumständen ab und kann nicht pauschal für jede Konstellation beantwortet werden.

Wie das Gericht selbst anführt, ist eine Kennzeichnung mit dem Wort „Anzeige“ ausreichend. Diese oder eine ähnliche Kennzeichnung sollte sich gestalterisch vom Hintergrund abheben (zum Beispiel hinsichtlich der Schriftart/-größe/-farbe), um Abmahnungen zu vermeiden. Übertriebene Anforderungen sind aber nicht geboten.

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