Bestandskundenwerbung – aus Sicht der Datenschutzbehörde

Immer wieder äußern sich die Datenschutzbehörden der Länder zum Thema E-Mail-Werbung und geben ihre Sicht auf die Dinge kund. Dabei finden sich die zentralen Regelungen gar nicht in den Datenschutzgesetzen, sondern in § 7 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Insofern stellen sich Zuständigkeitsfragen. Für die Praxis des E-Mail-Marketing lohnt sich ein Blick auf die Tätigkeitsberichte der Aufsichtsbehörden gleichwohl. Denn nach wie vor halten sich Gerüchte zur allgemeinen Zulässigkeit von Werbe-E-Mails an Kunden hartnäckig.

Maßgeblich sind § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG (Opt-in-Erfordernis) und § 7 Abs. 3 UWG (Ausnahme für Bestandskundenwerbung), die in der aktuellen Form bereits seit Ende 2008 gelten. Die ab 2018 anzuwendende DSGVO hat hierzu keine inhaltlichen Änderungen hervorgebracht.

Gleichwohl wird das Thema E-Mail-Marketing mit der DSGVO immer wieder unter dem Deckmantel des Datenschutzrechtes betrachtet. Das ist insofern richtig, weil die Verarbeitung von E-Mail-Adressen und etwaiger weiterer Informationen zur Person des Empfängers eine datenschutzrechtlich relevante Verarbeitung von personenbezogenen Daten zum Zwecke der E-Mail-Werbung darstellt. Diese Datenverarbeitung ist rechtfertigungsbedürftig. Hierfür bietet sich die Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 S. 1 buchst. a) DSGVO) oder das berechtigte Interesse des Werbenden (Art. 6 Abs. 1 S. 1 buchst. f) DSGVO) an.

Die Parallelen zwischen Datenschutzrecht und Wettbewerbsrecht ergeben sich daraus, dass beide eine Einwilligung fordern oder ohne diese auskommen, wenn bestimmte (unterschiedliche) Voraussetzungen erfüllt sind. Die Aufsichtsbehörden sehen sich daher scheinbar dazu veranlasst in ihren regelmäßigen Tätigkeitsberichten auch auf die wettbewerbsrechtlichen Anforderungen einzugehen.

Baden-Württemberg – Voraussetzungen der Bestandskundenwerbung

So geht etwa die Aufsichtsbehörde aus Baden-Württemberg in ihrem Tätigkeitsbericht (ab S. 23) auf die vier Voraussetzungen einer zulässigen Bestandskundenwerbung ein.

Danach muss das werbende Unternehmen selbst die E-Mail-Adresse des Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung erhalten haben (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 UWG). Hierfür sind auch kostenlose Mitgliedschaften (Partnerschaftsbörsen) und Probeabonnements ausreichend (unter Verweis auf OLG München, Urteil vom 15. Februar 2018, Az. 29 U 2799/17). Noch nicht ausreichend sei es allerdings, wenn der Kunde einen Kostenvoranschlag oder ein Angebot anfordert. Dies kann man folglich nicht zum Anlass nehmen, dem Kunden nach der einmaligen Angebotszusendung nachfolgend weitere Angebote zu übersenden. Für die Praxis besonders relevant sind Fälle, in denen der Verbraucher seinen Widerruf vom Vertrag erklärt hat und die Waren zurücksenden. In diesen Fällen greife die Ausnahme für Bestandskunden nicht. Gleiches gilt bei einer Vertragsanfechtung.

Des Weiteren dürfen nur ähnliche Waren oder Dienstleistungen beworben werden (§ 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG). Was ähnlich ist, darüber lässt sich natürlich streiten. Die Behörde lässt jedenfalls eine Information über das allgemeine Angebot bzw. gesamte Sortiment des Unternehmens nicht zu. Zum Begriff der Ähnlichkeit wird auf das OLG Thüringen verwiesen (Urteil vom 21. April 2010, Az. 2 U 88/10). Danach müsse sich die Ähnlichkeit auf bereits gekaufte Waren beziehen und dem gleichen typischen Verwendungszweck oder Bedarf des Kunden entsprechen; ggf. sei es noch zulässig, Zubehör oder Ergänzungswaren zu bewerben. Eine Austauschbarkeit fordert die Landesbehörde dagegen nicht. Aus Sicht der Behörde sei eine Ähnlichkeit regelmäßig dann gegeben, wenn

  • diese der typischen Einsatz- und Verwendungsmöglichkeit der gekauften Ware entspricht oder
  • es sich um klassisches Zubehör oder Ersatzteile zu der gekauften Ware handelt oder
  • es sich in einem engen Verwendungszusammenhang um eine verkehrsübliche Ergänzungsware zu der gekauften Ware handelt.

Beispiele dazu werden im Anhang geliefert (S. 123).

Nicht hierunter fallen Kundenzufriedenheitsabfragen per E-Mail. Hierbei handelt es sich Werbung (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2018, Az.: VI ZR 225/17), die sich nicht unter die Bestandskundenwerbung einordnen lasse.

Schließlich wird darauf hingewiesen, dass der Kunde nicht widersprochen haben darf (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 UWG) und über die Möglichkeit des Widerspruchs informiert wurde und wird. Hier werden in der Praxis häufig Fehler gemacht. Der Hinweis muss bereits vor Erhebung der E-Mail-Adresse erfolgen (z.B. im Rahmen des Checkout-Prozesses) und sodann in jedem Newsletter deutlich erkennbar sein.

Berlin – Kaufabbrecher, Zwangseinwilligungen und Feedbackanfragen

Die Berliner Behörde weist darauf hin, dass eine im Rahmen einer Registrierung erfasste E-Mail-Adresse nicht aufgrund der Bestandskundenausnahmen ohne Einwilligung zu Werbezwecken verwendet werden darf, wenn der Registrierungsprozesse nicht abgeschlossen wurde (ab S. 144). Sogenannte Kaufabbrecher-Mailings sind also nicht zulässig. In diesem Zusammenhang schlägt die Behörde Button-Lösungen wie „Abbrechen und Daten löschen“ und „Daten speichern, um Registrierung später fortzusetzen“ vor.

Dass Formulierungen wie „Mit der Anmeldung willigen Sie auch in die Zusendung von Werbe-Nachrichten ein“ unglücklich sind, zeigt ein anderer Fall aus Berlin (ab. S. 85). Die Formulierung suggeriere eine Einwilligung, die aber unwirksam ist. Denn es fehlt an einem echten Opt-In sowie an der gebotenen Freiwilligkeit. Über letzteres wird man sich allerdings streiten können. Hätte sich der Anbieter an die oben aufgezeigten vier Anforderungen für Bestandskundenwerbung gehalten und dem entsprechend Formuliert, hätte er wohl kein Problem mit der Aufsicht bekommen.

Stattdessen versuchte der Anbieter sich mit der Begründung zu verteidigen, es handle sich nur um Kundenzufriedenheitsabfragen. In Berlin scheint man es dabei anders zu sehen als im Süden und hält derartige Abfragen bis zu einem Monat lang für zulässig im Rahmen einer Bestandskundenwerbung.

Fazit

Die Tätigkeitsberichte erfinden die Bestandskundenwerbung nicht neu. Allerdings geben Sie einen Blick darauf frei, was in der Praxis für Fallen lauern können. Hilfreich mag für den einen oder anderen die Übersicht aus dem Süden zur Klassifizierung ähnlicher Waren sein. Kundenzufriedensheitsabfragen per E-Mail lassen sich dagegen angesichts der BGH-Rechtsprechung dazu nicht ohne eine Einwilligung sicher rechtfertigen. Ob in Einzelfällen eine zulässig Bestandskundenwerbung zulässig ist, wird man gut begründen müssen. Der Blick auf die vier Voraussetzungen muss in jedem Fall gewahrt werden.

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