Bloße Einbindung von URLs auf eigene Webseiten oder Social Media Profile in E-Mails ist keine unzulässige Werbung

Sofern E-Mail-Marketing unter Verstoß gegen das UWG erfolgt, stehen Wettbewerbern des werbenden Unternehmens sowie qualifizierten Einrichtungen, Kammern und Verbänden wettbewerbsrechtliche Abwehransprüche auf Beseitigung und Unterlassung zu, unabhängig davon, ob sie selbst Adressaten der unzulässigen E-Mail-Werbung sind. Sind natürliche Personen oder Unternehmen, die nicht Wettbewerber des werbenden Unternehmens sind, Adressat unzulässiger E-Mail-Werbung, scheiden wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Adressaten selbst aus. In Betracht kommen jedoch deliktsrechtliche Abwehransprüche wegen einer Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts bzw. des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Voraussetzung für etwaige Ansprüche ist dabei grundsätzlich die Einordnung der streitgegenständlichen Nachricht als Werbung im Rechtssinne.

Der (weite) rechtliche Werbebegriff

Die wettbewerbsrechtlichen Vorgaben des § 7 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 UWG zur Zulässigkeit des E-Mail-Marketings sind anzuwenden, wenn die Ansprache per E-Mail als Werbung einzuordnen ist. Werbung ist ein Unterfall der „geschäftlichen Handlung“ im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG. Eine geschäftliche Handlung im Sinne des UWG ist ausweislich der Legaldefinition „jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen“. Zwischen Handlung und Absatzförderung besteht dann ein objektiver Zusammenhang, wenn die Handlung das Ziel hat, die geschäftlichen Entscheidungen des Verbrauchers in Bezug auf Produkte zu beeinflussen. Im Sekundärrecht der EU wird der Begriff der Werbung definiert als „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern“ (vgl. Art. 2 lit. a RL 2006/114/EG (Irreführungsrichtlinie)). Unter Direktwerbung kann in Anlehnung an die Legaldefinition im Entwurf für eine E-Privacy-Verordnung jede Art der Werbung in schriftlicher oder mündlicher Form verstanden werden, die an einen oder mehrere bestimmte oder bestimmbare Adressaten gerichtet ist.

Der Begriff der Werbung im Sinne des UWG – sowie auch im Sinne des Datenschutzrechts – ist also weit zu verstehen. Neben der unmittelbar produktbezogenen Werbung fällt auch die mittelbare Absatzförderung, z. B. in Form von Imagewerbung, Sponsoring, Freundschaftswerbung („Tell-a-Friend“) oder Kundenzufriedenheitsumfragen, unter den Begriff. Ersucht ein Unternehmer den Inhaber einer E-Mail-Adresse um dessen Einwilligung in den Bezug von E-Mail-Werbung, ist bereits diese Anfrage gerichtet auf die Erteilung einer Einwilligung mittelbar auf die Förderung des Absatzes gerichtet und damit Werbung im Rechtssinne.

Ob einer E-Mail werblicher Charakter zukommt, ist objektiv zu bestimmen und hängt nicht vom Grad der Beeinträchtigung des Empfängers ab. Eine Bagatellschwelle ist im Anwendungsbereich von § 7 Abs. 2, 3 UWG nicht vorgesehen. E-Mails, die mit Werbebotschaften versehen sind, verlieren auch nicht deshalb ihren werblichen Charakter, weil sie im Zusammenhang mit einem primär nicht-werblichen Serviceanliegen, etwa dem Versand einer Rechnung per E-Mail, verschickt werden. Auch soweit sich Werbebotschaften allein in der Signatur einer E-Mail befinden, ist die E-Mail insgesamt als Werbung einzustufen. An dieser Stelle kommt wiederkehrend die Frage auf, ob damit auch allein die Einbindung von Logos oder URLs, die auf die Webseite des Versenders verlinken, als Werbung einzuordnen sind. Wäre dem so, bedürfte es auch für das Versenden von so gestalteten E-Mails grundsätzlich der Einwilligung des Adressaten.

AG Augsburg: Keine unzulässige E-Mail-Werbung durch Angabe der Internetpräsenz

Dass die Einbindung eines Unternehmenslogos in der Signatur einer E-Mail oder die alleinige Angabe der URL einer Webseite keinen werblichen Charakter hat, wurde in der Vergangenheit bereits durch das AG Frankfurt/M. (Urt. v. 2.10.2017 – 29 C 1860/17) entschieden. Mit Urteil vom 09.06.2023 (Az. 12 C 11/23) hat sich auch das AG Augsburg dieser Rechtsauffassung angeschlossen. Der bloße Verweis auf die Internetpräsenzen eines Unternehmens im Anschluss an Kontaktdaten des Mitarbeiters, ohne dass diese mit einem Produkt oder anderen werbenden Angaben verknüpft sind, stelle keine Werbung dar. Ein solcher Verweis sei gerade nicht unmittelbar darauf gerichtet, die Förderung des Absatzes der Produkte oder Dienstleistungen zu erreichen. Er diene vielmehr Informationszwecken, ebenso wie die Angabe der weiteren Kontaktdaten, in deren Zusammenhang die Nennung der Internetpräsenzen als Teil der Signatur des Mitarbeiters zu sehen ist. Auch eine mittelbare Absatzförderung durch Imagewerbung liege hierin nicht.

Konkret ging es im vorliegenden Fall darum, dass ein Interessent nach bereits erfolgtem Austausch mit dem Anbieter einer Online-Datenbank von diesem eine automatisch generierte Abwesenheitsnotiz erhielt, die im Footer u.a. eine URL der Webseite des Anbieters sowie Links zu dessen Social-Media-Präsenzen enthielt. Hieran störte sich der Interessent so sehr, dass er den Anbieter auf Unterlassung in Anspruch nahm. Nachdem dieser die verlangte Erklärung nicht abgab, wanderte die Angelegenheit vor Gericht – vor dem der klagende Interessent unterlag.

Grenzen einer gestalterischen Aufwertung von E-Mails

Dass allein die Einbindung von URLs oder Logos zulässig ist, sagt freilich noch nichts über die Zulässigkeit anderer gestalterischer Aufwertungen von E-Mails. Grundsätzlich gilt, dass eine maßvolle gestalterische Aufwertung einer E-Mail nicht dazu führt, dass eine vertragliche Service-E-Mail (auch) als Werbe-E-Mail eingeordnet werden muss. Die gestalterische Aufmachung einer E-Mail kann und darf dazu dienen, dass diese nicht „untergeht“. Bei Art und Umfang der Gestaltung ist dennoch Zurückhaltung geboten. Sowie eine E-Mail ein „gedankliches Aussortieren“ eines werblichen Teils erforderlich macht, ist die E-Mail insgesamt als Werbung einzuordnen, was regelmäßig dann der Fall sein wird, wenn in die E-Mail Banner oder Call-to-Action Schaltflächen integriert sind und diese nicht nur auf vertragliche Informationen (z.B. „Jetzt Verträge bearbeiten“), sondern auf Angebote des Unternehmens verlinken.

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