Auch Werbung über Internetportale ist grundsätzlich einwilligungspflichtig

Die werbliche Ansprache per privater Nachricht auf Social-Media-Plattformen wie z. B. LinkedIn oder Xing ist heute täglich zu beobachten. Dass auch solche Nachrichten als elektronische Post im Sinne des UWG einzuordnen sind, hatte das OLG Nürnberg bereits im Jahr 2019 klargestellt (Urt. v. 15.01.2019 – 3 U 724/18, Rn. 59), mit der weitreichenden Folge, dass auch Werbung mittels privater Nachricht über Social-Media-Plattformen nur nach der vorherigen ausdrücklichen Einwilligung der Profilinhaber zulässig ist. In einer neueren Entscheidung hatte sich das OLG Hamm nun mit der Frage auseinanderzusetzen, ob auch Werbe-Nachrichten, die über Internetportale (hier: Immobilienportale) versendet werden, als Werbung mittels elektronischer Post eingeordnet werden müssen – und dies letztlich bejaht.

OLG Hamm: Nachrichtendienst eines Immobilienportals ist mit (Direkt-)Nachrichten auf Social-Media-Plattformen vergleichbar

Dem durch das OLG zu entscheidenden Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin war Dienstleisterin für Immobilienmakler. Die Haupttätigkeit der Klägerin lag darin, Anzeigen von potentiellen Immobilienverkäufern, die ohne Angabe einer Telefonnummer geschaltet wurden, mit der Bitte um Bekanntgabe der Telefonnummer anzuschreiben. Bei Anzeigen in Printmedien geschah dies postalisch, bei Anzeigen im Internet über die jeweiligen Internet-Portale. Ziel war es, in einem ggf. folgenden Telefonat die potentiellen Verkäufer nach der Erlaubnis zu fragen, ob sich Immobilienmakler im Hinblick auf die beabsichtigte Veräußerung der Immobilie telefonisch melden dürften.

Der Beklagte war Immobilienmakler und schloss mit der Klägerin eine so genannte Akquise-Vereinbarung, um sein Maklergeschäft durch die Gewinnung weiterer Kunden auszuweiten. Für die gelieferten Opt-Ins sollte im Gegenzug ein Entgelt gezahlt werden. Dieses Entgelt entrichtete der Beklagte jedoch nicht.

Im Rahmen der klageweisen Geltendmachung der Forderung hatten sich das Landgericht und nun auch das OLG als Berufungsinstanz mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Klägerin aus der Akquise-Vereinbarung einen Zahlungsanspruch herleiten konnte. Beide Instanzen verneinten einen solchen Anspruch. Die Akquise-Vereinbarung sei nichtig im Sinne von § 134 BGB.

Hauptfrage: Nichtigkeit der Akquise-Vereinbarung?

Gemäß § 134 BGB können Verträge nichtig sein, die zur Begehung unlauteren Wettbewerbs verpflichten. Voraussetzung hierfür ist, dass der rechtsgeschäftlichen Verpflichtung selbst das wettbewerbswidrige Verhalten innewohnt. So lag der Fall hier.

Die Akquise-Vereinbarung war darauf gerichtet, unzulässige geschäftliche Handlungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. (heute § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG) durch die Klägerin vornehmen zu lassen. Die erstmalige Kontaktierung der Inserenten über die einzelnen Portale seitens der Klägerin, wie es in § 5 der Akquise-Vereinbarung vorgesehen war und mit einem Anschreiben über die Kontaktformulare der jeweiligen Immobilienportale geschah, verstieß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F., weil die Inserenten die für eine solche Kontaktaufnahme per elektronischer Post erforderliche vorherige ausdrückliche Einwilligung nicht erteilt hatten.

Auch Nachrichten über Portale sind elektronische Post

Das OLG Hamm (Urteil vom 3.5.2023, Az. 18 U 154/22) kam also zu der Erkenntnis, dass auch Kontaktaufnahmen über Portale mit dem Ziel der Absatzförderung Werbung im Rechtssinne seien. Unzweifelhaft handele es sich bei derartigen Nachrichten auch um „elektronischen Post“ im Sinne von § 7 Abs. Nr. 3 UWG a.F.  

„Elektronische Post“ ist in Art. 2 S. 2 lit. h E-Privacy-Richtlinie definiert als „jede über ein öffentliches Kommunikationsnetz verschickte Text-, Sprach-, Ton- oder Bildnachricht, die im Netz oder im Endgerät des Empfängers gespeichert werden kann, bis sie von diesem abgerufen wird“. Gemeint sind nicht allein internetgestützte Übertragungsformen, sondern alle Formen der elektronischen Kommunikation, bei der die Nachricht in ein Postfach des Empfängers gelangt und dort von diesem – ggf. zeitversetzt – abgerufen werden kann. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 30.01.2020 – I ZR 25/19) sowie des EuGH (Urteil vom 25.11.2021 – C-102/20) sei nach dem OLG bei Auslegung des Begriffs „elektronische“ Post ein weites Begriffsverständnis geboten.

Zwar handele es sich bei dem Nachrichtendienst eines Immobilienportals nicht um einen Social-Media-Dienst. Die Funktionsweise des Postfachs sei jedoch dieselbe. Auch hier würden Nachrichten asynchron übermittelt und auf dem Server des jeweiligen Portalbetreibers für den jeweiligen Inserenten gespeichert, bis dieser sie abrufe. Die Nachrichten erreichten den Nutzer in seinem eingerichteten und lediglich privat zugänglichen Postfach, das er über einen Nachrichten-Manager abrufen kann. Dementsprechend handelt es sich gleichermaßen um eine Art elektronischen Briefkasten.

Werbende Nachrichten sind Belästigung, wenn eine Einwilligung vorliegt

Nachdem das OLG die Vorgaben zum Belästigungsschutz in § 7 Abs. 2 UWG auch auf Nachrichten über Internetportale als anwendbar erachtet hatte, war die belästigende Wirkung solcher Nachrichten schnell belegt: So hatte das Landgericht Berlin bereits im Jahr 2002 festgestellt, dass in Fällen, in denen ein Unternehmer den Inhaber einer E-Mail-Adresse (oder eben hier eines elektronischen Briefkastens auf einem Internetportal) um dessen Einwilligung in den Bezug von Werbung ersucht, bereits diese Anfrage gerichtet auf die Erteilung einer Einwilligung mittelbar auf die Förderung des Absatzes gerichtet ist und damit als Werbung im Rechtssinne einzuordnen sei. Da die Einwilligung der Inhaber der elektronischen Briefkästen der Internetportale diese Einwilligung nicht erteilt hatten, war die Kontaktaufnahme durch die Klägerin unzulässig. Die Akquise-Vereinbarung war nichtig im Sinne von § 134 BGB Entgeltforderungen konnte die Klägerin hierauf nicht ableiten.

Bestandskundenprivileg auch bei Nachrichten über Internetplattformen?

Nicht abschließend geklärt und auch nicht Gegenstand der Betrachtung des OLG ist die Frage der Anwendbarkeit von § 7 Abs. 3 UWG auf Nachrichten über soziale Netzwerke und Internetportale. Das UWG trifft an dieser Stelle jedenfalls keine Unterscheidung, so dass bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Norm grundsätzlich auch auf den Versand von Nachrichten über soziale Netzwerke und Internetportale Anwendung finden kann. Anknüpfungspunkt wäre das Postfach des Profils als „elektronische Postanschrift“ im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 1 UWG, u.U. alternativ auch die URL des Profils. Dass solche „elektronischen Postadressen“ im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung durch einen Unternehmer erlangt werden, ist nicht ausgeschlossen, wenn auch aktuell noch untypisch.

Soweit aus den Verlautbarungen auf dem Profil nichts Anderes hervorgeht, kann die werbliche Nutzung einer E-Mail-Adresse, die einem Social Media Profil oder einen Internetportal entnommen wurde, dagegen nicht auf § 7 Abs. 3 UWG gestützt werden.

Fazit

Die werbliche Ansprache über Internetportale unterliegt den Vorgaben zum Belästigungsschutz. Wettbewerbs- und deliktsrechtlich stehen damit Nachrichten über Internetportale der Werbung per E-Mail, SMS, MMS, Instant Messaging (z.B. WhatsApp), dem sog. Inbox-Advertising und (Direkt-)Nachrichten, die über soziale Netzwerke, z.B. Xing, LinkedIn, TikTok oder Facebook, versendet werden, gleich. Als Folge dessen ist auch für solche Ansprachen gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG die vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten erforderlich.

Betreiber von Social-Media-Plattformen setzen bezogen auf die Zulässigkeit der Versendung von Werbebotschaften zudem in der Regel selbst vertragliche Grenzen.

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