Die beste Versandzeit

Autor: Frank Strzyzewski. Der Zeitpunkt als einer der am leichtesten zu variierenden Versendeparameter ist ein intensiv debattierter Erfolgsfaktor im E-Mail-Marketing.

Trotz des großen Interesses am optimalen Timing verfügt die E-Mail-Branche kaum über belastbare Erkenntnisse zum effektiven Responsebeitrag des Versendezeitpunktes. Der folgende Beitrag als erster einer Reihe von Beiträgen zu diesem Thema fasst relevante Ergebnisse zusammen.

Im Kapitel „Versand optimieren“ des Buchs Leitfaden E-Mail-Marketing beschreiben ausgewiesene Experten, worauf geachtet werden sollte, damit E-Mails im richtigen Moment in der Mailbox landen. Das Kapitel gibt es als PDF auf der Seite https://www.absolit.de/Versand.htm

Klassische E-Mail-Marketing-Logik zum Versendezeitpunkt klingt häufig so: „Versenden Sie auf keinen Fall nachts, denn dann landet Ihr Newsletter zusammen mit zahlreichen Spam-E-Mails im E-Mail-Postfach des Empfängers, und wird, zusammen mit der Spamflut, ungelesen gelöscht.“ Soweit, so falsch. Neueste Analysen zeigen eindeutig, dass viele nachts versendete Kampagnen keine schlechteren Responseraten aufweisen, als am Tag versendete.

Vor dem Hintergrund des unbefriedigenden Zustandes, dass sich die Wahl der Versendzeitpunkte heute in der Praxis oft zwischen „wir versenden, sobald der Inhalt steht“ und der oben genannten E-Mail-Folklore bewegen, hat XQueue in Kooperation mit Vertriebs- und Servicepartnern wie Fabio Tripicchio, Kunden und der Hochschule in Aalen (Prof. Alexander Strehl) eine Initiative zur systematischen Analyse dieses Themas gestartet, mit dem Ziel, diese Wissenslücke zu schließen, und konkrete Hilfestellung für erfolgreichere Kampagnen zur Verfügung stellen zu können. Die untersuchten Versendezeitpunkt-Fragestellungen reichen dabei vom generellen Response- bzw. Umsatzpotentials des optimalen Versendezeitpunktes, über konkrete Zeitpunktaussagen hinsichtlich Uhrzeiten, Wochentagen und saisonalen Einflüssen (Monat und Jahreszeit) bis hin zu Zeitintervallstudien in Hinblick auf die optimale Kontakthäufigkeit (Werbedruck) sowie die besten Vorlaufzeiten (Intervall zwischen Ankündigung(en) und Angebot) bzw. den Nachfasszeitpunkten (Intervall zwischen Angebot und Nachhak-Aktion(en)).

In diesem Beitrag möchten wir einige typische Ergebnisse bezogen auf die optimale Uhrzeit des Versandes von Einzelkampagnen näher vorstellen, speziell für B2C-Zielgruppen. Randbedingung der Untersuchungen waren dabei nicht-zeitkritische Inhalten bzw. Angebote. Diese Einschränkung ist deshalb wichtig, da wir davon ausgehen, dass Inhalte mit hoher Intraday-Relevanz (z.B. Aktienkurse, tagesaktuelle News oder hochvariable Preise) eine andere Response-Charakteristik aufweisen.

Öffnungsverhalten ist zielgruppenabhängig
Eine Analyse der Öffnungszeitpunkte ergab erwartungsgemäß deutliche Unterschiede zwischen B2C und B2B-Verteilern. Während B2B-Kampagnen verständlicherweise vorwiegend in der Arbeitszeit geöffnet werden, erfolgt ein beträchtlicher Teil der B2C-Öffnungen am späten Nachmittag und Abend. Der Vormittag weist dabei eine höhere B2B-Relevanz auf, denn 40% aller Öffnungen erfolgen zwischen 9 und 12Uhr. Ähnliche viele Öffnungen generieren B2C-Verteiler zwischen 15 und 20Uhr. Bei der Untersuchung der Webmailer-Domains ergab sich für diesen Zeitraum eine auffällige hohe Anzahl an T-Online-Öffnungen im Vergleich zu anderen Anbietern wie etwa Web.de.

Verzögerung beträgt durchschnittlich 7 bis 12 Stunden
Die Verzögerung zwischen dem Versende- und dem Öffnungszeitpunkt beträgt bei B2C-Kampagnen durchschnittlich über 12 Stunden und ist damit fast doppelt so lang wie bei B2B-Kampagnen mit knapp 7 Stunden. In anderen Worten: dem durchschnittlichen Öffner eines Newsletters ist es offenbar viel weniger wichtig, wann genau die E-Mail eingegangen ist. Wenn sie wichtig genug erscheint, wird sie geöffnet. Abbildung 1 zeigt die charakteristischen Verzögerungen zwischen Versand und Response bezogen auf alle Öffnungen innerhalb der ersten 76h nach dem Versand.

Aufmerksamkeitskurve mit 8Uhr-Maximum und 17-Uhr-Minimum
Ein hochinteressantes Ergebnis zeigte eine Analyse der Klicks pro Öffnung im Tagesverlauf. Die Klick-to-Open-Rate, also der Anteil der geöffneten E-Mails, die auch geklickt wurden, ist ein Maß für die Attraktivität des Inhaltes für die betreffende Zielgruppe. Die Klick-to-Open-Rate ergab eine charakteristische Kurve mit einem Maximum morgens um 8Uhr und einem Minimum um 17Uhr. Abbildung 2 zeigt diesen Verlauf an einer B2C-Beispielkampagne. Die durchschnittliche Klick-to-Open-Rate betrug ca. 27%, wobei das 8Uhr-Maximum an Aufmerksamkeit 33% betrug und das Minimum 23%. In anderen Worten: morgens wird ein Drittel der geöffneten E-Mails auch angeklickt, gegen 17Uhr aber nur ein knappes Viertel.

Uhrzeit ist weitgehend irrelevant
Die Aufmerksamkeitskurve könnte ein Indiz dafür sein, dass sich mit unterschiedlichen Versendeuhrzeiten die Response steigern lässt. Um den Einfluss der Uhrzeit auf die Response zu messen, wurden B2C-Kampagnen ausreichender Größe in 24 Teilkampagnen mit identischem Inhalt gesplittet und zu jeder Tagesstunde eine der Teilkampagnen versendet.

Die Responseanalyse mehr als 10 Tage später jedoch ergab keine statistisch relevanten Unterschiede in den Öffnungs-, Klick- und Abmelderaten. Die Gründe dafür liegen einerseits in der großen durchschnittlichen Verzögerung von über 12 Stunden und dem Fakt, dass zwischen 8 und 9Uhr nur etwa 2,5% aller B2C-Empfänger öffnen bzw. etwa 7% eines typischen B2B-Verteilers. E-Mail ist und bleibt – im Gegensatz zum Telefon – ein asynchrones Medium, und allein der Empfänger entscheidet darüber, wann er sein E-Mail-Postfach öffnet. Damit ist weiterhin widerlegt, dass reguläre E-Mails in der nächtlichen Spamflut  untergehen. Offenbar ist die Fähigkeit der E-Mail-Empfänger, unter zahlreichen
Spam-E-Mails die legalen E-Mails mit sehr hoher Treffsicherheit zu finden, eine jener elementaren online Kompetenzen, die sich – analog zur Nutzung des „Zurück“-Buttons im Internet-Browser – praktisch jeder Internet-Nutzer bereits nach kürzester Zeit aneignet.

Trotz dieser klaren Ergebnisse ist sehr gut möglich, dass sich in speziellen Situationen die Uhrzeit als relevant herausstellen kann. Der Einfluss von Wochentag/Wochenende/Feiertag und der verwendeten Tonalität und Bildwelten im E-Mail-Content ist noch keineswegs ausreichend analysiert. Auch erwarten wir für B2C-Kampagnen mit zeitkritischen Inhalten oder limitierten Angeboten sowie im B2B-Umfeld einen messbaren Einfluss der Versendeuhrzeit.

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One comment

  1. Tobias Mandelartz says:

    Basierend auf einer Analyse von Social Media Spezialist Dan Zarella, der sich im Auftrag von Hubspot über 9.5 Billionen E-Mails (hinsichtlich Click-Through-Rate, Öffnungsrate und der Frage, welche Zeit am Tag/in der Woche am meisten Erfolg erzielt) angeschaut hat, fand er heraus: Besonders die Geschäftsführer kleiner Unternehmen sind gewillt, eine E-Mail am Samstag oder Sonntag zu öffnen.
    (Gefunden auf http://blog.marketingshop.de/das-richtige-timing-im-e-mail-marketing-gute-versandzeit-etwa-am-wochenende/ )

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