Abmahnung wegen unverlangter E-Mail-Werbung – teuer, aber nicht immer so teuer!

Dass es für die Aussendung von Werbemails zuvor einer vorherigen ausdrücklichen Einwilligung des Empfängers bedarf, ist inzwischen allgemein bekannt. Herumgesprochen hat sich auch, dass der Begriff der Werbung von den Gerichten sehr weit verstanden wird und nicht auf klassische Werbe-E-Mails beschränkt ist. In der Praxis kommt es dessen ungeachtet dennoch immer wieder zu (berechtigten) Abmahnungen wegen unverlangter E-Mail-Werbung. Was also tun, wenn es einen selbst einmal erwischt, etwa weil man jemanden in sein XING-Netzwerk eingeladen hat? Eine Überprüfung der Abmahnung kann in jedem Fall lohnenswert sein, wie eine aktuelle Entscheidung aus Braunschweig zeigt. Von Rechtsanwalt Daniel Schätzle, HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin, www.haerting.de.

 

Der Sachverhalt

Ein Dienstleister für SEO-Maßnahmen hatte einen Versicherungsmakler in sein XING-Netzwerk eingeladen. Irgendeine Geschäftsbeziehung bestand zwischen den beiden nicht. Die Einladungs-E-Mail enthielt einen Textbaustein, mit dem für die Leistungen des SEO-Dienstleisters geworben wurde.

Hiergegen wandte sich der Versicherungsmakler (wohl vergeblich) mit einer Abmahnung, weshalb sich die Parteien in einem sogenannten einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Landgericht in Braunschweig wiederfanden. Dort wurde der SEO-Dienstleister zur Unterlassung verpflichtet. Zudem wurde er verpflichtet Rechtsanwaltskosten basierend auf einem Streitwert in Höhe von 6.000,- Euro zu erstatten.

Dass die einmalige Aufforderung, seinem XING-Netzwerk beizutreten, einen Wert von 6.000,- Euro haben sollte, wollte der SEO-Dienstleister nicht hinnehmen und legte Beschwerde ein.

 

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht in Braunschweig gab ihm Recht und reduzierte den Streitwert auf (immerhin noch) 2.000,- Euro. Maßstab für die Bemessung des Streitwertes bei unerwünschter E-Mail-Werbung sei stets das Interesse des Betroffenen, im Einzelfall durch die entsprechende Werbung belästigt zu werden. Etwaige volkswirtschaftliche Gesamtschäden sind dabei außer Acht zu lassen. Maßgebend sei hier also das Interesse des klagenden Versicherungsmaklers, durch die Werbung des Verfügungsbeklagten für sein Netzwerk bzw. sein Angebot der Google-Optimierung nicht belästigt zu werden.

Zu berücksichtigen war demnach:

– die Anzahl der E-Mails
– wie schnell lässt sich der Inhalt erschließen
– handelt es sich um eine E-Mail im privaten oder gewerblichen Bereich
– besteht ein Konkurrenz- oder Wettbewerbsverhältnis

Mit entscheidend war für das Gericht zudem, dass mit der E-Mail nicht nur eine Einladung in das XING-Netzwerk verbunden war, sondern ganz konkret auch eine Dienstleistung beworben wurde.

 

Hintergrund zum Streitwert

Wer unverlangte E-Mail-Werbung aussendet, kann von dem Betroffenen auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Vor einem Gang zu Gericht hierfür muss der Betroffene den Werbenden abmahnen. Mit der Abmahnung wird dem Werbenden zum einen sein rechtswidriges Verhalten aufgezeigt. Zum anderen ist mit ihr die Aufforderung verbunden, dass der Werbende sich zur Unterlassung verpflichtet. Dazu ist der Abmahnung eine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt, die unterzeichnet werden soll. Weigert sich der Werbende, eine Unterlassungserklärung abzugeben, kann er im Wege einer sog. einstweiligen Verfügung hierzu durch ein Gericht verpflichtet werden.

Zudem ist der Abmahnung eine Kostennote beigefügt, die die Kosten für die Einschaltung eines Rechtsanwaltes aufzeigt. Diese Kosten sind von dem Werbenden zu übernehmen. Die Höhe der Kosten richtet sich nach dem Streitwert. Dementsprechend neigen Abmahnenden dazu, diesen möglichst hoch anzusetzen. Gerne werden 6.000,- Euro oder mehr zugrunde gelegt. Daraus ergeben sich außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von wenigstens 480,20 zzgl. USt. Kommt es zu einem einstweiligen Verfügungsverfahren, erhöht sich dieser Betrag um die Kosten für eine gerichtliche Vertretung. Außerdem müssen die entstehenden Gerichtskosten übernommen werden.

 

Was bleibt zu tun

Bei einem Streitwert in Höhe von 2.000,- Euro reduzieren sich die außergerichtlichen Abmahnkosten auf 215,- Euro zzgl. USt. Im Falle einer berechtigten Abmahnung wegen unverlangter E-Mail-Werbung sollte daher in jedem Fall die gegnerische Kostennote nicht einfach akzeptiert werden. Es lohnt sich oftmals unter Berücksichtigung der oben benannten Kriterien, eine Überprüfung des Streitwertes vorzunehmen. Auf dieser Basis wird man sich in der Regel auf eine Verringerung der Abmahnkosten einigen können.

Im Übrigen sollte die vorformulierte Unterlassungserklärung genauso wenig ungeprüft unterschrieben werden. Diese ist häufig deutlich weiter gefasst, als dies tatsächlich rechtlich gefordert werden kann. Bei ungeprüfter Abgabe besteht damit ein erhöhtes Risiko, dass es zu einer Zuwiderhandlung kommt. Die dann fällige Vertragsstrafe (oftmals 5.001,- Euro) tut deutlich mehr weh, als die Abmahnkosten. Daher biete sich in der Regel die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung an. Dass die Abmahnung nicht gänzlich ignoriert werden sollte, versteht sich zur Vermeidung eines weitere Kosten auslösenden einstweiligen Verfügungsverfahrens von selbst.

 

Daniel Schätzle ist Rechtsanwalt in der auf Medien und Technologie spezialisierten Kanzlei HÄRTING Rechtsanwälte. Näheres zu seiner Person finden Sie hier.

 

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