E-Mail-Werbung nach Cold Call: Das klappt nicht immer…

Ein häufiger Rat an B2B-Vertriebsteams ist es, zunächst kalt anzurufen, um Interesse für das Produkt zu erfragen. Anschließend wird telefonisch oder per E-Mail nachgefasst. Bei der zweiten Kontaktaufnahme wird sich dann häufig auf ein in dem Erstgespräch erteilte Einwilligung berufen. Und in der Tat wird diese häufig vorliegen, antworten die Angerufenen auf die Frage: „Kann ich Ihnen das per E-Mail schicken?“ auch gern bestätigend mit „Ja.“. Ein aktuelles Urteil des LG Aschaffenburg zeigt jedoch die Tücken dieses Vorgehens.

Radiowerbung für Bestattungsunternehmen

Die Beklagte betreibt eine werbefinanzierte Radiostation. Ein Mitarbeiter des Senders kontaktierte ein Bestattungsunternehmen zunächst telefonisch und einen Tag später via E-Mail. Der genaue Inhalt des Telefongesprächs blieb streitig:

  • Der Bestatter meinte, es habe sich klar um Werbung für die Vorzüge von Radiowerbung bestanden und es sei gefragt worden, ob ein Interesse bestehe, Werbung für das Unternehmen der Klägerin zu schalten. Der angerufene Mitarbeiter verneinte jegliche Werbeabsichten. Nichtsdestotrotz ging einen Tag später eine E-Mail bei dem Bestattungsunternehmen ein, in der verschiedene Werbeangebote vorgestellt wurden.
  • Der Radiosender bestritt den Vorwurf und meinte, ihr Mitarbeite habe eine Anzeige des Unternehmens ,,in einem Anzeigenblatt gelesen und daraus den Schluss gezogen, dass durchaus auch ein Interesse des Zeugen an einer über den Printbereich hinausgehenden Werbeform vorliegen dürfte.“ Es habe sich bei dem Telefonat nicht um ein Verkaufsgespräch gehandelt, sondern es sei lediglich eine kurze Info gewesen. Um die folgende E-Mail habe der Ansprechpartner ausdrücklich gebeten.

Entscheidung

Ein von dem Bestattungsunternehmer informierter Wettbewerbsverband verklagte den Radiosender sowohl wegen des Anrufs als auch der E-Mail-Werbung – und bekam vor dem Landgericht Aschaffenburg recht (Urteil vom 28.7.2020, Az. 1 HKO 129/19).

Telefonanruf ist Werbung

Zunächst stellte das Gericht fest, dass es sich um Werbung handelte. Der Werbebegriff wird sehr weit ausgelegt, natürlich ist jede Kontaktaufnahme, mit der unmittelbar oder mittelbar Werbung verkauft werden soll, Werbung im Sinne des Gesetzes. Hier habe der anrufende Mitarbeiter der Beklagten eingeräumt

,,dass er das Unternehmen der Beklagten vorgestellt habe und es darum gegangen sei, den Zeugen … für eine Imagekampagne, eine Kampagne zur Steigerung des Bekanntheitsgrades dessen Unternehmen zu gewinnen.“

Keine (mutmaßliche) Einwilligung in die Telefonwerbung

Die Werbung per Telefon setzt eine vorherige Einwilligung voraus, die wird nicht einmal behauptet. Auch die im B2B-Bereich grundsätzlich ausreichende mutmaßliche Einwilligung lag nicht vor. Maßgeblich dafür ist,

„ob der Werbende bei verständiger Würdigung der Umstände annehmen durfte, der Anzurufende erwarte einen solchen Anruf oder werde ihm jedenfalls aufgeschlossen gegenüberstehen.“

Das sei hier schon deshalb nicht der Fall, weil der Mitarbeiter der Beklagten nicht berücksichtigt habe, dass die Dienstleistung des Unternehmens (Bestattungsunternehmen) eine höchstpersönliche ist und damit die Klägerin schlichte Werbung präferiert. Diese sachliche und ruhige Werbung sei bei Werbeblöcken zwischen Pop-Musik nicht gegeben. Darüber sei aus der Tatsache, dass der Bestatter in einer Printpublikation inseriert habe, nicht auf eine (mutmaßliche) Einwilligung zu schließen.

Keine Werbeeinwilligung für E-Mail

Auch für die am nächsten Tag versandte werbende E-Mail fehlte eine Einwilligung. Der Radiosender habe nämlich nicht nachgewiesen, dass der angerufene Mitarbeiter des Bestattungsunternehmens sich tatsächlich mit dem Erhalt der E-Mail einverstanden erklärt habe. Hier stand Aussage gegen Aussage und das Gericht glaubte dem Angerufenen (er habe sich „15 Minuten vor Beginn einer Trauerfeier mit einer Urne unter dem Arm und zwei Angehörigen des Verstorbenen in einer Trauerhalle“ befunden) mehr als dem Mitarbeiter des Radiosenders (er habe „wie ein Wasserfall“ gesprochen und das Gericht habe sich „Von der Eloquenz des Zeugen“ selbst überzeugen können).

Damit war eine Einwilligung nicht bewiesen und auch die Werbung per E-Mail unzulässig.

Fazit

Vor einer werbenden E-Mail anzurufen kann in der Tat das Risiko einer Abmahnung und einer gerichtlichen Auseinandersetzung gegenüber dem direkten Versand einer Werbe-E-Mail verringern. Voraussetzung ist aber, dass eine realistische Einschätzung der Erfolgs- und Beschwerdeaussichten vorgenommen wird und eine etwa erteilte telefonische Einwilligung sauber dokumentiert wird. Eine bloße Aussage, der Angerufene habe um Zusendung einer erläuternden E-Mail gebeten, genügt dafür nicht. Ist schon am Telefon erkennbar, dass ein Interesse nicht besteht, sollte zwingend auf eine weitere Kontaktaufnahme verzichtet werden.

Das Wichtigste im Direktvertrieb bleibt ein gutes Beschwerde-Management. Auch hier hat es offenbar Gelegenheit gegeben, den Streit vor der gerichtlichen Auseinandersetzung beizulegen. Das ist nicht geschehen.

 

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