Feedback-Anfrage keine Werbung?

In der Zeitschrift IT-Rechtsberater (www.itrb.de) wurde kürzlich auf ein Urteil des Landgerichts Coburg hingewiesen. Das Gericht verneint bei Feedback-Anfragen per E-Mail im Anschluss an einen Online-Verkauf generell eine Werbewirkung und meint, dass für solche E-Mails eine Einwilligung nicht erforderlich sei. Von Dr. Martin Schirmbacher, Fachanwalt für IT-Recht, HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin

Das Urteil ist für Shopbetreiber und E-Mail-Marketer außerordentlich erfreulich – im Ergebnis aber noch mit Vorsicht zu behandeln.

 

Der Rechtsanwalt als Kunde

Der Beklagte betreibt einen Online-Shop für Möbel. Wie leider so oft wurde dem Shopbetreiber ein Rechtsanwaltskunde zum Verhängnis. Der Jurist hatte im Anschluss an einen Kauf von Stühlen einen Newsletter erhalten und der weiteren Verwendung seiner E-Mail-Adresse zu Werbezwecken in deutlichen Worten widersprochen („Sehr geehrte Damen und Herren, liefern Sie mir einfach die bestellten Stühle und verschonen Sie mich mit weiterer Werbung.“). Der Shopbetreiber versendete knapp zwei Monate später – automatisiert – eine Feedback-Anfrage per E-Mail an den Kunden. Dieser hielt die E-Mail für lästige Werbung und verklagte den Shop-Betreiber auf Unterlassung und Kostentragung.

 

Gericht: Feedback-Anfragen sind keine Werbung

In dem Rechtsstreit, in dem es letztlich nur noch um die Rechtsanwaltskosten ging, unterlag der Anwalt jedoch in zwei Instanzen. Das Landgericht Coburg meint nämlich, dass in solchen Feedback-Anfragen keine Werbung im Sinne von § 7 UWG zu sehen sei (Urteil vom 17.2.2012, Az. 33 S 87/11). Die Anfrage sei keine unzumutbare Belästigung. Vielmehr handele es sich um einen Kundenservice und diene allein der Verbesserung der Abläufe bei dem Shopbetreiber. Zudem so argumentieren die Richter sei die Intensität des Eingriffs vergleichsweise gering und offensichtlich nur eine einmalige Nachfrage im Anschluss an die Vertragsabwicklung, die zudem allgemein üblich sei.

Das Landgericht Coburg verteidigte seinen Standpunkt, dass es sich nicht um Werbung handelte in Kenntnis der weiten Auslegung des Werbebegriffs (hier keine Werbung „…auch wenn das im Rahmen der juristischen Diskussion durchaus so gesehen werden mag“). Hier liegt allerdings auch ein Knackpunkt in der richterlichen Argumentation, denn in der Tat wird der Werbebegriff sehr weit verstanden. Alles was in irgendeiner Form den Absatz oder die Nachfrage fördere, kann als Werbung aufgefasst werden.

 

Werbebegriff darf nicht zu weit verstanden werden

Dennoch ist das Urteil richtig: Zur Absatzförderung ist schließlich nahezu jede geschäftliche Handlung geeignet. Wer in die Fußzeile der E-Mail-Kommunikation mit Kunden die URL der Unternehmenswebsite oder den Firmen-Twitter-Account aufnimmt, weist auf seine Unternehmenspräsentation hin – letztlich um den Absatz zu fördern. Wer gute Arbeit macht, fördert die Bereitschaft der Kunden, für mehr Arbeit zu sorgen. Deshalb kann nicht jede E-Mail an den Kunden als einwilligungsbedürftige Werbung aufgefasst werden.

Es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass wer um Feedback bittet, seine Leistungen verbessern möchte und damit natürlich auch seinen Absatz fördern möchte. Es lässt sich auch nicht ausschließen, dass Kunden, die nach einer gewissen Zeit mit einer Feedback-Anfrage per E-Mail konfrontiert werden, noch einmal positive Erinnerungen bekommen und geneigt sein können, den Online-Shop noch einmal zu besuchen. Deshalb kann man eine einmalige Nachfrage-E-Mail jedoch nicht als Werbung auffassen, für die Bestandskunden um Erlaubnis gefragt werden müssen. Man sollte es Online-Unternehmen nicht noch schwerer machen, als dies ohnehin schon der Fall ist.

 

Fazit

Das Urteil ist ebenso deutlich wie erfreulich. Einmalige Feedback-Anfragen per E-Mail gehören zur Kaufabwicklung und bedürfen deshalb keiner Einwilligung des Kunden.

Es ist indes zur Vorsicht zu raten: Vergleichbare Rechtsprechung gibt es nicht. Ob sich andere Richter der Auslegung aus Coburg anschließen ist offen. Wer Abmahnungen scheut, sollte vorbauen und bei Vertragsschluss entsprechende Einwilligungen einholen. Dabei kann es für die Erfolgsquote sinnvoll sein, zwischen der Einwilligung in Feedback-Anfragen und einem Newsletter-Abonnement zu unterscheiden.

Jedenfalls ist Shopbetreibern zu raten, ausdrückliche Wünsche, von E-Mail-Werbung verschont zu bleiben, weit zu verstehen und auch E-Mails, die aus Sicht mancher Juristen auf der Grenze zur Werbung stehen, nicht an diese Kunden zu versenden. Für mich als juristischer Berater von Online-Unternehmen ist es ein äußerst ärgerlicher Umstand, dass besondere Vorsicht angebracht ist, wenn es sich bei dem Kunden um einen Rechtsanwaltskollegen handelt.

 

Dr. Martin Schirmbacher ist Fachanwalt für IT-Recht in der auf Medien und Technologie spezialisierten Kanzlei HÄRTING Rechtsanwälte und Autor des Buches Online-Marketing und Recht. Näheres zu seiner Person finden Sie hier.

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