Ein weiteres Urteil zum E-Mail-Marketing reiht sich ein in eine Folge von Entscheidungen, die den Kontakt zum Kunden per E-Mail weiter erschwert. Danach bedarf es auch der vorherigen ausdrücklichen Einwilligung des Kunden, wenn diesem nach einem Online-Kauf eine Kundenzufriedenheitsabfrage gesendet werden soll. Dies gelte unabhängig davon, ob die betreffende E-Mail weitergehende werbende Zusätze enthält. Von Rechtsanwalt Daniel Schätzle, HÄRTING Rechtsanwälte, www.haerting.de
Rechtsprechung
Noch im Jahr 2012 gab ein Urteil des Landgericht Coburg Anlass zur Freude bei Seitenbetreibern, die Kunden um ein Feedback per E-Mail bitten. Das Gericht stufte derartige E-Mails nicht als Werbung sondern als Kundenservice ein. Es folgten jedoch Entscheidungen des Oberlandesgerichtes in Köln, wonach Anrufe eines Meinungsforschungsinstitutes im Nachgang zu einem erbrachten Service als unzulässige Werbung eingestuft wurden. Die Revision zum Bundesgerichtshof in einem der Fälle wurde wieder zurück genommen.
Auch wenn es bei den Kölner Entscheidungen um Telefonanrufe ging, ließen sich die Grundsätze gut auf Feedbackanfragen per E-Mail übertragen (vgl. dazu den Beitrag). Daher galt es in der Beratungspraxis stets den Hinweis zu geben, dass derartige Anfragen nur dann ganz rechtssicher gestellt werden können, wenn zuvor eine Einwilligung eingeholt wurde. Eine andere Sichtweise ließ sich zwar angesichts des geringen Belästigungsgrades und dem Fehlen einer Ausuferungsgefahr vertretbar argumentieren. Dies galt jedoch zumindest als problematisch. Klar war und ist jedenfalls, dass der Versand unterbleiben muss, wenn der Kunde dem ausdrücklich widersprochen hat.
Nun schafft das Oberlandesgericht in Dresden (OLG Dresden v. 24.4.2016, Az. 14 U 1773/13) Klarheit und stuft Kundenzufriedenheitsanfragen als Werbenachrichten ein, die einer vorherigen ausdrücklichen Einwilligung bedürfen.
Sachverhalt
Der wesentliche Sachverhalt lässt sich kurz darstellen. Ein Kunde hat sich in einem Webshop registriert und erhielt bereits vor einer Bestellung eine Anfrage per E-Mail. Zwei entsprechende E-Mails „mit der Bitte um Teilnahmen an einer Kundenzufriedenheitsbefragung“ folgten offenbar im Anschluss an eine Bestellung. Schließlich folgte eine E-Mail mit „mit dem Dank um Teilnahme an einer Kundenzufriedenheitsbefragung“. Aus dem Urteilstext lässt sich nicht ganz eindeutig entnehmen, ob die letzte E-Mail als Dank für eine tatsächliche Teilnahme an einer Befragung versandt wurde. Eine Einwilligung in E-Mail-Werbung lag jedenfalls nicht vor.
Entscheidung
Die Dresdener Richter beschäftigten sich zunächst mit dem sonstigen Inhalt der E-Mails und dem Werbebegriff. Letzterer wird denkbar weit verstanden. Daher ließ sich die erste E-Mail vor einer Bestellung ohnehin unproblematisch als Werbung einstufen. Aber auch die anderen drei E-Mails enthielten werbende Inhalte. Daher seien die E-Mails jeweils insgesamt als unzulässig einzustufen, selbst wenn die Kundenzufriedenheitsabfrage selbst keine Werbung darstellen würde. Erstaunlicherweise zitiert das Urteil hierzu ohne weitere Erläuterung die Entscheidung des Bundesgerichtshofes zu Autoresponder-E-Mails (vgl. dazu den Beitrag). Dabei hatte der BGH in seinem Urteil es ausdrücklich offen gelassen, ob sich aus werbenden Zusätzen in einer Transaktions-E-Mail eine generelle Unzulässigkeit ergibt. Eine Aussage traf der BGH nur hinsichtlich solcher E-Mails, denen zuvor eine entgegenstehende Bekundung des Empfängers widersprach.
In einem zweiten Schritt beschäftigt sich das Urteil mit der eigentlichen Kundenzufriedenheitsbefragung, die als Werbung anzusehen sei. Sie diene zumindest auch dazu, Kunden zu behalten und zukünftige Geschäftsabschlüsse zu fördern. Durch die E-Mails werde dem Kunden der Eindruck vermittelt, das Unternehmen bemühe sich auch nach Geschäftsabschluss um ihn. Dadurch bringe das Unternehmen sich auch bei dem Kunden in Erinnerung, was der Kundenbindung diene und eine Weiterempfehlung ermögliche. Der Zweck einer solchen „Kunden-Nachbetreuung“, die sachlich außerhalb des geschuldeten Pflichtenprogramms stehe, diene dazu, weiteren Geschäftsabschlüssen den Weg zu ebnen und somit hierfür zu werben.
Nicht gelten ließ das Gericht den Einwand, dass die letzten drei E-Mails im Zusammenhang mit einem abgeschlossenen Vertrag versandt wurden. Auch die Verbreitung derartiger Feedbackanfragen und die Tatsache, dass der Kunde seine E-Mail-Adresse angegeben habe, genügten dem Gericht nicht für eine gegenteilige Entscheidung. Das Unternehmen hätte dies gerade zum Anlass nehmen müssen, um eine entsprechende Einwilligung einzuholen. Leider ergibt sich aus der Urteilsbegründung keine nähere Auseinandersetzung mit diesen Gegenargumenten. Hier ließe sich durchaus eine andere Sichtweise annehmen. Denn im Umkehrschluss bedeutet die Entscheidung, dass der Kundenkontakt auf das vom Gericht postulierte „geschuldete Pflichtenprogramm“ reduziert wird. Kundenbetreuung wird damit nahezu ausgeschlossen. In einer Serviceorientierten Geschäftswelt kann dies durchaus angezweifelt werden.
Folgen
Zunächst bedeutet das Urteil einmal mehr, dass das Thema unerlaubte E-Mail-Werbung nicht auf den unaufgefordert zugesandten Newsletter beschränkt werden kann. Zudem bleiben Unternehmen risikofrei, wenn E-Mails an Kunden nur aufgrund einer vorliegenden ausdrücklichen Einwilligung versandt werden. Dies gilt natürlich nicht für die zur Vertragsabwicklung absolut notwendige E-Mail-Korrespondenz (z.B. Bestellbestätigung, Rechnungsversand, Versandbestätigung). Schon aus dem BGH-Urteil zu den Autoresponder-E-Mails ergibt sich, dass den zuletzt genannten E-Mails keine werbende Inhalte beigefügt werden dürfen, wenn der Kunden seinen entgegenstehenden Wunsch geäußert hat.
Die bloße Kundenzufriedenheitsabfrage ist nach der Entscheidung unzulässig, unabhängig davon, ob die betreffende E-Mail weitere werbende Zusätze enthält oder nicht. Allerdings ist es nicht ausgeschlossen, dass ein anderes Gericht sich näher mit den Gegenargumenten befasst und zu einem anderen Ergebnis kommt.
Die Feedback-Anfrage in der E-Mail zum Rechnungsversand oder einer Versandbestätigung ist dagegen zulässig, es sei denn der Kunden hat dem widersprochen. Zumindest existieren keine gegenteilig lautenden Entscheidungen hierzu. Dies gilt auch für die BGH-Entscheidung zu den Autorespondern. Allerdings sollte in der Gestaltung derartiger Anfragen eine gewisse Zurückhaltung geübt werden, damit aus einer effektvollen Gestaltung nicht der Eindruck entsteht, es gehe etwa gar nicht um die Versandbestätigung, sondern eigentlich nur um den Effekt. Zudem bedarf es der Angabe einer Widerspruchsmöglichkeit für Kunden, die zukünftig keine Feedback-Anfragen E-Mails wünschen.
Rechtsanwalt Daniel Schätzle ist Partner in der auf Medien und Technologie spezialisierten Kanzlei HÄRTING Rechtsanwälte. Nähere Angaben zu seiner Person finden Sie unter www.haerting.de/de/team/daniel-schaetzle.