Das in Art. 7 Abs. 4 DSGVO geregelte Kopplungsverbot verursacht in der Praxis weiterhin zum Teil erhebliche Unsicherheiten. Im 52. Tätigkeitsbericht des Hessischen Landesdatenschutzbeauftragten wird auf den Seiten 146f. ein Fall beschrieben, bei dem ein Unternehmen von Kunden, die online Tickets für Veranstaltungen kaufen wollten, eine Einwilligung zur Nutzung ihrer Daten, u.a. der E-Mail-Adresse, für Werbezwecke verlangte (conditional field). Ein Kunde beschwerte sich darüber, dass ihm der Erwerb des Tickets nur dann möglich war, wenn er dieser Datenverwendung zustimmte. Versuchte der Kunde, das Ticket ohne Einwilligung zu erwerben, wurde er darauf hingewiesen, dass dies weiterhin – aber auch nur – an der Abendkasse möglich sei.
Das Kopplungsverbot gemäß Art. 7 Abs. 4 DSGVO
Das Kopplungsverbot des Art. 7 Abs. 4 DSGVO soll sicherstellen, dass eine Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten freiwillig erfolgt. Nach dem Wortlaut der Norm darf eine Einwilligung zur Verarbeitung personenbezogener Daten, die nicht für die Erfüllung eines Vertrages erforderlich ist, nicht zur Voraussetzung gemacht werden. Orientiert an Sinn und Zweck der Norm und entgegen des Wortlauts, beschränkt sich das sog. allgemeine Kopplungsverbot des Art. 7 Abs. 4 DSGVO allerdings nicht allein auf die Vertragserfüllung. Hauptanwendungsfälle der Norm sind vielmehr vermeintlich unzulässige Kopplungen von Vertragsschluss und Einwilligung.
Die Formulierung in Art. 7 Abs. 4 DSGVO, wonach bei der Bestimmung der Freiwilligkeit einer Einwilligung „in größtmöglichem Umfang“ zu berücksichtigen sei, „ob unter anderem die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung zur Verarbeitung von Daten abhängig ist“, verdeutlicht, dass Kopplungen weiterhin zulässig sein können, die Norm also kein absolutes Kopplungsverbot statuiert. Auch kann das Kopplungsverbot nicht im Sinne eines obligatorischen Optionsrechts (entgeltlich/unentgeltlich bei Einwilligung) verstanden werden. Fakultativ bleiben solche sog. Freemium-Geschäftsmodelle weiterhin zulässig. Auch der Europäische Datenschutzausschuss sieht die Grenze erst bei „erheblichen Zusatzkosten“ erreicht. Der Verantwortliche soll nur angemessene Anstrengungen unternehmen, dem Betroffenen auch bei Abschluss eines Vertrags eine Wahlfreiheit zu gewähren, ob neben der auf Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO basierenden Datenverarbeitung zur Abwicklung des Vertrags weitere einwilligungsbasierte Datenverarbeitungen gestattet sein sollen.
Soll ausnahmsweise eine Kopplung zwischen Vertragsabschluss und Werbeeinwilligung vorgenommen werden, sollte den potentiellen Vertragspartnern eine alternative Möglichkeit zum Abschluss eines Vertrages, ohne der Erfordernis zur Abgabe einer Werbeeinwilligung, eröffnet werden. Diese Alternative muss dem potentiellen Vertragspartner auch zumutbar sein. Hier bedarf es einer Würdigung der Gesamtumstände.
Entscheidung und Auswirkungen für die Praxis
Der Hessische Datenschutzbeauftragte legt das Kopplungsverbot des Art. 7 Abs. 4 DSGVO weit aus. Im beschriebenen Fall argumentierte das werbende Unternehmen, dass der Kunde das Ticket auch an der Abendkasse ohne Werbeeinwilligung erwerben könne. Diese Verteidigung war jedoch nicht ausreichend. Die Datenschutzbehörde betonte, dass die Möglichkeit des Ticketkaufs an der Abendkasse keine echte Alternative zum Online-Kauf darstellt, da dieser mit Nachteilen verbunden sein kann, wie z.B. der Unsicherheit, ob noch Tickets verfügbar sind.
Unternehmen sollten sorgfältig prüfen müssen, ob sie bei der gekoppelten Einholung von Werbeeinwilligungen tatsächlich eine freiwillige Wahlmöglichkeit bieten. Das bloße Angebot einer theoretischen Alternative genügt nicht, wenn diese mit (erheblichen) Nachteilen verbunden ist. Im vorliegenden Fall waren auch der Ausschluss von weiteren digitalen Services und der Wegfall der kostenlosen Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln bei Erwerb des Online-Tickets als bedeutende Nachteile für die Kunden, die ihre Einwilligung verweigerten, gewertet worden. Der Hinweis der Aufsichtsbehörde führte letztlich dazu, dass das Unternehmen den Prozess zur Einholung der Werbeeinwilligung überarbeitete und die Einwilligung vom Erwerb des Online-Tickets entkoppelte.
Um in der Praxis die Annahme eines Kopplungsverbots per se vorzubeugen, sollte bei der Gestaltung von Eingabemasken usw. auf die Verwendung konditionaler Felder, die durch den Nutzer zwingend zu aktivieren sind, verzichtet werden. Hinweise in der Einwilligungserklärung, wonach die Abgabe der Einwilligung auf freiwilliger Basis erfolgt, sind nicht ausreichend.