Kopplung von Online-Shop-Mitgliedschaft und Newsletter-Abonnement rechtlich zulässig

Das Landgericht München I hat in einem kürzlich verkündeten Urteil (Endurt. v. 19.01.24 – 37 O 4402/23) klargestellt, dass das sog. Kopplungsverbots des Art. 7 Abs. 4 DSGVO nicht absolut gilt und durchaus Fälle möglich sind, in denen die Eingehung eines Vertrages von der Abgabe einer Einwilligung in die Nutzung der E-Mail-Adresse zu Werbezwecken möglich ist.

Die Entscheidung  

In dem vom Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) angestrengten Verfahren ging es um die Ausgestaltung einer Newsletter-Einwilligung der Beklagten.

Die Beklagte betreibt einen Online-Shop für reduzierte Markenartikel. Die durch die Beklagte zwingend vorgesehene Registrierung für neue Nutzer war so ausgestaltet, dass eine erfolgreiche Registrierung für den Online-Shop nur dann möglich war, wenn im Rahmen der Registrierung gleichzeitig in den Erhalt des Newsletters eingewilligt wurde. Die an den Registrierungsvorgang anschließende E-Mail hatte folgenden wörtlichen Inhalt: „Wir freuen uns über deine Anmeldung. Ein letzter Schritt fehlt noch. Bitte bestätige Deine Anmeldung und Deine Einwilligung in den Erhalt des Newsletters durch Klick auf: [Button] Bestätigen. Ein Widerruf dieser Einwilligung ist jederzeit […] möglich.“ Diese Kopplung wurde durch die Beklagte damit begründet, dass ausgehend von ihrem Geschäftskonzept ein schneller Warenumschlag unter Ausschluss von Lagererhaltungskosten erforderlich sei, damit die registrierten Mitglieder von den angebotenen günstigen Preisen profitieren können. Und eben dieser schnelle Warenumschlag werde maßgeblich durch die Mitgliederbindung durch den Newsletter-Versand erreicht.

Der vzbv mahnte die Beklagte ab und klagte auf Unterlassung. Gerügt wurde die fehlende Freiwilligkeit der erteilten datenschutzrechtlichen Einwilligung, da keine echte Wahlmöglichkeit der Betroffenen gegen den Nicht-Erhalt des Newsletters bestehen würde und eine Erforderlichkeit der Kopplung unter Berücksichtigung des Geschäftsmodells der Beklagten nicht gegeben sei.

Das Landgericht München I hat die Klage mit Urteil vom 19. Januar 2024 abgewiesen. Die Einwilligung ist – gemessen an den Anforderungen aus Art. 7 DSGVO – nach Ansicht des Gerichts rechtskonform. Sie werde freiwillig erteilt und verstoße auch nicht gegen das Kopplungsverbot aus Art. 7 Abs. 4 DSGVO. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass zur Beurteilung der Freiwilligkeit eine Gesamtschau des Geschäfts- bzw. Vertragsmodells erforderlich sei. Vorliegend sieht das Geschäftskonzept der Beklagten vor, dass die erheblichen Preisvorteile nur gegenüber registrierten Mitgliedern gewährt werden. Um die erforderlichen geringen Lagerhaltungskosten bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung eines gewissen Grundumsatzes zu erreichen, ist eine entsprechende Mitgliederbindung erforderlich. In sachlicher sowie datenschutz- und wettbewerbsrechtlicher Hinsicht sei dieser Ansatz nicht zu beanstanden. Die vorliegende Fallgestaltung entspricht daher nach Ansicht des Gerichts derjenigen, dass bestimmte Vergünstigungen an die Ausstellung einer Mitgliedskarte gebunden sind. Auch ist nach Ansicht des Gerichts der insoweit bestehende Nachteil, ohne die Einwilligung in das Newsletter-Abonnement nicht Mitglied des Online-Shops werden zu können, datenschutzrechtlich nicht geschützt. Der Nicht-Abschluss eines Vertrags über die Mitgliedschaft im Online-Shop bei gleichzeitiger Verweigerung der datenschutzrechtlichen Einwilligung wird durch die Privatautonomie der Beklagten gedeckt. Die erforderliche jederzeitige Widerruflichkeit der datenschutzrechtlichen Einwilligung in den Newsletter-Bezug sei überdies gewährleistet.

Bewertung

Das LG München stellt mit seiner Entscheidung erfreulich klar fest, dass das in Art. 7 Abs. 4 DSGVO geregelte Kopplungsverbot nicht absolut gilt. Der mit der Norm verbundene Eingriff in die Privatautonomie von Unternehmen muss durch eine verhältnismäßige, am Einzelfall orientierte Auslegung in Ausgleich gebracht werden. Nicht-gekoppelte Einwilligungsmöglichkeiten sind nur dort zu verlangen, wo der Betroffene in gewisser Weise auf den Vertragsschluss angewiesen istDer bloß subjektiv empfundene Wunsch, auswählen zu können, genügt nicht. 

Maßgebliches Kriterium der rechtskonformen datenschutzrechtlichen Einwilligung ist die Freiwilligkeit, d.h. das Nichtvorhandensein eines Zwangsmoments (vgl. auch Erwägungsgrund 43 der DSGVO). Dies wird durch die Regelung in Art. 7 Abs. 4 DSGVO als Bewertungskriterium näher konkretisiert. Erforderlich ist, dass Betroffene eine echte oder freie Wahl haben und in der Lage sind, die Einwilligung zu verweigern, ohne Nachteile zu erleiden. Insbesondere darf auf die Betroffenen kein Druck ausgeübt werden. Wenn aus den Gesamtumständen keine ernstlichen Zweifel an der Freiwilligkeit bestehen, führt eine Kopplung bei Einhaltung der weiteren Anforderungen (insbesondere Grundsatz der Transparenz) auch nicht zur Unwirksamkeit der Einwilligung.

Das Landgericht München I hat mit seinem Urteil den Grundsatz gestärkt, dass es grundsätzlich Ausdruck der unternehmerischen Freiheit ist, unter welchen Voraussetzungen Vergünstigungen oder Vorteile gewährt werden. Entscheidend sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalls (neben der Mitgliedschaft in einem Online-Shop sind Gewinnspielteilnahmen, Whitepaper-Bezug oder die Webinar-Teilnahme typische Fallkonstellationen) und die konkrete inhaltliche Ausgestaltung der Kopplung. Aus den seit Anfang 2022 geltenden Vorschriften zu Verbraucherverträgen über die Bereitstellung digitaler Produkte (vgl. § 327 Abs. 3 BGB) und § 312 Abs. 1a BGB können sich weitere besondere Anforderungen ergeben.

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