Dass die Werbung per E-Mail in Deutschland einer Einwilligung bedarf, ist hinlänglich bekannt. Im Ausland ist die Rechtslage allerdings bisweilen eine andere. In Österreich hat der Oberste Gerichtshof jetzt jedoch eine ganz ähnliche Rechtsauffassung vertreten und entschieden, dass schon die Informationsübermittlung per E-Mail jedenfalls dann einer Einwilligung bedarf, wenn diese in Werbeabsicht erfolgt. Von Dr. Marting Schirmbacher, HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin.
Der Sachverhalt: „Informationen über ein Immobilienportal“
Es geht um einen Streit zwischen den Betreibern zweier Immobilienportale in Österreich. Die Beklagte kontaktierte dabei gezielt Unternehmen, die auf dem Portal der Klägerin Angebote inseriert hatten, per E-Mail, um über das eigene Angebot zu informieren. Die Klägerin sah darin einen Verstoß gegen die Pflicht, vor jeder Werbung per E-Mail eine Einwilligung des Adressaten einzuholen, und verklagte den Konkurrenten unter anderem auf Unterlassung und Auskunft.
Auch Informationen sind Werbung
Die Sache ging bis zum Obersten Gerichtshof Österreichs, der der Klägerin wie schon die Vorinstanz recht gab (Beschluss vom 19.3.2013, Az. 4 Ob 13/13k.).
Zunächst hielt das Gericht fest, dass der Werbebegriff weit auszulegen ist. „Zu Zwecken der Direktwerbung“ im Sinne von § 101 Abs. 1 TKG sei dahin zu verstehen, dass jede elektronische Post erfasst sei, die für ein bestimmtes Produkt, aber auch für eine bestimmte Idee (einschließlich politischer Anliegen) wirbt oder dafür Argumente liefert. Darunter falle auch jede Maßnahme, die dazu dient, auf ein eigenes Bedürfnis und die Möglichkeit seiner Befriedigung hinzuweisen, wobei auch schon die Anregung zur Inanspruchnahme bestimmter Leistungen diesem Begriff unterstellt werden kann. Es half dem Versender also nicht vorzutragen, dass es lediglich eine Information und keine Werbung gewesen sei. Sofern ein wirtschaftliches Interesse aus der Ausgestaltung der E-Mail vermutet werden kann, liegt Werbung vor.
Keine konkludente Einwilligung durch Adresseintragung
Weiter führt der OÖGH aus, dass allein daraus, dass jemand auf einer Immobilienplattform als Vermieter Angebote unter Bekanntgabe von Kontaktdaten einstellt, nicht auf eine – auch nur konkludente – Zustimmung des Vermieters geschlossen werden könne, von einem Konkurrenten des Plattformbetreibers in der Absicht per E-Mail kontaktiert zu werden, das Angebot auch auf dessen Plattform einzustellen.
Vergleichbare Rechtslage wie in Deutschland
Nach deutschem Recht wäre in gleicher Weise entschieden worden. Die Tatsache, dass eine E-Mail-Adresse im Internet veröffentlicht wird, genügt nicht als Einwilligung in die Werbung von anderen Unternehmen.
In Deutschland ergibt sich dies schon daraus, dass die Einwilligung ausdrücklich zu erfolgen hat und eine ausdrückliche Einwilligung nur im Ausnahmefall allgemein gegenüber jedermann online auf der Plattform eines Dritten erteilt wird.
Recht im E-Commerce Cross Border
Häufig ist die Rechtslage im Ausland jedoch nicht identisch mit dem Heimatrecht. In der Schweiz zum Beispiel gibt es kein strenges Einwilligungserfordernis für die Werbung per E-Mail. Solange die E-Mails nicht massenhaft versendet werden, kann die Werbung auch ohne ausdrückliche Vorabzustimmung zulässig sein.
Um die rechtlichen Aspekte des grenzüberschreitenden E-Commerce geht es in einer Veranstaltung, die HÄRTING Rechtsanwälte (Berlin) gemeinsam mit Bühlmann Rechtsanwälte (Zürich) am 3. September 2013 in Berlin durchführen. Die Teilnahme ist für Unternehmen kostenlos. Alle Informationen und einen Anmeldelink gibt es hier.
Dr. Martin Schirmbacher ist Fachanwalt für IT-Recht in der auf Medien und Technologie spezialisierten Kanzlei HÄRTING Rechtsanwälte und Autor des Buches Online-Marketing und Recht.
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