Vorsicht bei der Verbindung von Werbe-Opt-in mit Eröffnung des Kundenkontos

Ein beliebter Versuch, für mehr Werbeeinwilligungen zu sorgen, ist die Verbindung der Opt-in-Erteilung mit der Eröffnung des Kundenkontos. Hierbei ist aber Vorsicht geboten, wie ein frisches Urteil aus München zeigt.

Worum ging es?
Klägerin in dem Rechtsstreit war die Wettbewerbszentrale. Diese richtete sich mit dem Vorwurf unzulässiger E-Mail Werbung gegen die Beklagte, die einen Onlinehandel für Babyartikel betreibt. Legte man in diesem Onlineshop ein Produkt in den Warenkorb und klickte dann auf den Link „Zur Kasse“, so erschien auf der rechten Bildschirmseite folgende Erklärung, die mit einem bereits gesetzten Haken versehen war: „Ja, beraten Sie mich per E-Mail zu Produkten von …, senden Sie mir wertvolle Tipps von Ärzten und Hebammen und aktuelle Rabattaktionen zu Pampers & Co. zu“.

Weiterhin war es für die Bestellung im Onlineshop zwingend erforderlich, auf der Website ein Kundenkonto zu erstellen. Bei der Erstellung des Kundenkontos musste der Kunde notwendigerweise seine E-Mail-Adresse angeben. Unterhalb der Eingabemaske befand sich der Hinweis: „Mit meiner Anmeldung stimme ich den AGB und Datenschutzbestimmungen der … zu und werde über aktuelle Angebote per E-Mail informiert. Diese Einwilligung kann ich jederzeit widerrufen.“ Eine Adresse, an die der Widerruf der Einwilligung hätte erklärt werden können, war nicht angegeben.

Eine Mitarbeiterin der Klägerin erstellte zu Testzwecken ein Kundenkonto mit ihrer privaten E-Mail-Adresse, bestellte jedoch keine Waren, sondern brach den Bestellvorgang ab. Trotzdem erhielt sie eine E-Mail, in welcher die Beklagte für ihr Angebot warb. Dies hielt die Klägerin gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG für unzulässig.

Was entschied das LG München?
Das Gericht gab der Klage in vollem Umfang statt und sprach der Klägerin einen Unterlassungsanspruch zu (Urteil des LG München I vom 4.6.2018, Az. 4 HK 0 8135/17).

Der Versand der Werbe-E-Mail stelle eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG dar, da die Klägerin keine ausdrückliche Einwilligung gegeben habe. Eine solche liege nur dann vor, wenn der Adressat entweder eine zusätzliche Unterschrift abgibt oder ein entsprechendes Feld individuell markiert („Opt-in“). Wenn der Adressat jedoch, wie im vorliegenden Fall, ein bereits markiertes Kästchen auskreuzen muss, um keine E-Mail-Werbung zu erhalten („Opt-out“) liege gerade keine Einwilligung vor. Die bloße Angabe der E-Mail-Adresse beim Erstellen des Kundenkontos auf der Website genüge auch nicht für eine solche Einwilligung, da die Einwilligung eine gesonderte Erklärung sein müsse und nicht Teil einer Textpassage mit anderen Hinweisen und Erklärungen sein dürfe.

Eine Ausnahme vom Einwilligungserfordernis nach § 7 Abs. 3 UWG liege nicht vor. Da die Mitarbeiterin der Klägerin die E-Mail-Werbung erhalten hat, ohne sich vorher für den Newsletter anzumelden oder einen Bestellvorgang abgeschlossen zu haben, liegen weder die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 Nr. 1 noch Nr. 2 UWG vor. Zudem wurde bei Erhebung der E-Mail-Adresse keine gültige Adresse angegeben, über die der Kunde der Verwendung seiner E-Mail-Adresse hätte widersprechen können, sodass auch aufgrund dessen eine Ausnahme nach § 7 Abs. 3 UWG nicht in Betracht komme. Allerdings ist Letzteres nicht zwingende Voraussetzung von § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG. Insofern verlangt das Gericht hier mehr, als das Gesetz. Ausreichend ist danach, dass deutlich darauf hingewiesen wird, dass der Verwendung der E-Mail-Adresse zu Werbezwecken jederzeit widersprochen werden kann.

Was heißt das Urteil für die E-Commerce-Praxis?
Klar ist, dass ein bloßes Opt-Out keine ausdrückliche Einwilligung in E-Mail-Werbung sein kann. Auch das bloße Erstellen eines Kundenkontos unter Angabe der E-Mail-Adresse genügt für die Einwilligung nicht. Nicht wirklich diskutiert hat das Gericht die Frage, ob nicht in der Eröffnung des Kundenkontos („Kundenkonto eröffnen und für Newsletter registrieren“) eine ausdrückliche Einwilligung liegen kann. Hier stellen sich die Richter auf den Standpunkt, dass die Werbe-Einwilligung von der Registrierung getrennt sein müsse.

Nach der Argumentation des Gerichts zulässig bleibt es, wenn der Kunde das Häkchen für den Newsletter selbst aktiv setzen muss. Dann liegt jedenfalls eine ausdrückliche Erklärung vor. Problematisch ist dann die – vom Gericht nicht diskutierte – Frage der Kopplung der Einwilligungserteilung mit der Registrierung. Hier kann man zweifeln, ob noch eine freiwillige Einwilligung vorliegt. Ob das zulässig ist, bemisst sich vor allem anhand von Art. 7 Abs. 4 DSGVO, wonach bei der bei

„der Beurteilung, ob die Einwilligung freiwillig erteilt wurde … dem Umstand in größtmöglichem Umfang Rechnung getragen werden [muss], ob unter anderem die Erfüllung eines Vertrags, einschließlich der Erbringung einer Dienstleistung, von der Einwilligung zu einer Verarbeitung von personenbezogenen Daten abhängig ist, die für die Erfüllung des Vertrags nicht erforderlich sind.“

Hierin liegt kein strenges Kopplungsverbot, aber eine Vermutungsregel für das Fehlen von Freiwilligkeit. Ausgangspunkt muss also die Frage der Freiwilligkeit sein. Wenn der Kunde quasi genötigt wird, seine Einwilligung zu erteilen, fehlt es an der Freiwilligkeit. Ist dem Kunden aber von vornherein klar, dass eine Einwilligung für die Registrierung erforderlich, ist es seine (freiwillige) Entscheidung, ob er sich registriert, oder nicht. Im Ergebnis heißt das, dass eine Kopplung der Einwilligung an die Registrierung bei Marktplätzen – quasi als Eintrittsvoraussetzung – zulässig ist. Zweifelhaft ist das aber bei der Verknüpfung der Eröffnung eines Kundenkontos, nachdem der Kunde schon eine Kaufentscheidung getroffen hat.

Auch diese Entscheidung zeigt, dass die Berufung auf den Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 3 UWG mit vielfältigen Schwierigkeiten verbunden ist. Nur, wenn die 4 Voraussetzungen der Ausnahme alle vorlegen, ist der Versand von Werbung per E-Mail ohne Einwilligung zulässig.

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