Angabe einer E-Mail-Adresse im Bestellvorgang stellt keine Einwilligung dar

Die Beklagte vertreibt im Internet Sportartikel. Der Anwalt eines Wettbewerbsverbands bestellte dort eine Kinderhose und gab dazu im Rahmen des Bestellvorgangs seine private E-Mail-Adresse an. In den AGB des Online-Shops in Verbindung mit ihrer Datenschutzerklärung heißt es u.a.: „Als Kunde werden deine Daten zum Zweck der Vertragserfüllung und für eigene Werbezwecke genutzt.“ In der darauf folgenden Zeit versandte die Beklagte mehrfach Werbe-E-Mails an die von dem Anwalt angegebene GMX-Adresse.

Der Wettbewerbsverband mahnte die Beklagte erfolglos ab und machte den Unterlassungsanspruch anschließend gerichtlich geltend.

Neben einigen formalen Einwänden verteidigte sich der Shopbetreiber damit, der Anwalt habe durch die Angabe seiner E-Mail-Adresse und Zustimmung zu AGB und Datenschutzerklärung in den Erhalt von Werbe-E-Mails eingewilligt.

Dem folgte das Landgericht Berlin nicht, sondern gab dem Verband Recht (LG Berlin vom 16.11.2017, Az. 16 O 225/17)

Entscheidung des Gerichts
Mit den formalen Einwänden macht das Gericht kurzen Prozess: Die Klagebefugnis des Verbandes folge aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Auch sei die Geltendmachung des Anspruchs nicht nach § 8 Abs. 4 UWG unzulässig, da nicht ersichtlich sei, dass die Klage nur dazu diene, Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Selbst wenn der Anwalt des Verbandes hier nur zum Schein bestellt hätte, würde das daran nichts ändern.

Auch im Übrigen seien die Ansprüche gegeben: Gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG ist eine unzumutbare und unzulässige Belästigung stets anzunehmen, wenn Werbung per E-Mail verschickt wird, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt.

Eine solche Einwilligung habe hier nicht vorgelegen. Die bloße Angabe der E-Mail-Adresse im Rahmen des Bestellvorgangs durch den Anwalt sei keine Einwilligung in den Erhalt von Werbe-E-Mails. Es genüge auch nicht, dass die Beklagte in ihren AGB bzw. ihrer Datenschutzerklärung ausführt, dass die Kundendaten für Werbezwecke genutzt werden.

Unter einer Einwilligung ist jede Willensbekundung zu verstehen, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt und mit der die betroffene Person akzeptiert, dass personenbezogene Daten, die sie betreffen, verarbeitet werden. Zwar könne die Einwilligung in jeder geeigneten Weise gegeben werden, wodurch der Wunsch des Nutzers in einer spezifischen Angabe zum Ausdruck kommt, die sachkundig und in freier Entscheidung erfolgt.

Erforderlich sei aber, dass die Einwilligung gesondert erklärt wird und nicht in Textpassagen enthalten ist, die auch andere Erklärungen oder Hinweise enthalten.

Außerdem könne sich die Beklagte auch nicht auf die Ausnahmebestimmung des § 7 Abs. 3 UWG zur Bestandskundenwerbung berufen. Die Werbe-E-Mails hätten nicht nur Werbung für ähnliche Waren enthalten, sondern galten für das gesamte Bekleidungssortiment des Online-Shops.

Fazit
Die Anforderungen an die einwilligungsfreie Versendung von Werbung per E-Mail an Bestandskunden sind hoch. Diese Ausnahmeregelung wird von den deutschen Gerichten äußerst eng ausgelegt (siehe aber OLG München vom 15.02.2018, Az. 29 U 2799/17). Die Bestellung eines einzelnen Produkts berechtigt nicht dazu, Werbung für das gesamte Sortiment zu verschicken. Es genügt auch nicht, dass in der jeweiligen E-Mail ein ähnliches Produkt enthalten ist. Nach Ansicht der Rechtsprechung muss sich die Ähnlichkeit auf alle beworbenen Produkte beziehen.

Kommt es auf die Einwilligung an, kann man auf deren Formulierung und Platzierung gar nicht genug Sorgfalt aufwenden. Einwilligungen müssen stets ausdrücklich sein. Die bloße Eingabe der E-Mail-Adresse um den Bestellvorgang tätigen zu können, stellt jedenfalls keine Einwilligung dar, die zum Versenden von Werbe-Mails berechtigt.

An dieser Rechtslage hat sich im Übrigen durch das Wirksamwerden der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nichts geändert. In Art. 4 Nr. 11 DSGVO wird die Einwilligung definiert als „jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist“. Auch hierin wird also die konkrete, informierte und  eindeutige Handlung des Einwilligenden hervorgehoben. Weitere Voraussetzungen für die Einwilligung finden sich in Art. 7 DSGVO.

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