ID-Grabbing in Social Networks

Autor: Dr. Martin Schirmbacher. Unternehmen, die erst spät ins Social Web einsteigen, stellen häufig fest, dass ihr Unternehmens- oder Markenname in dem jeweiligen Social Network bereits vorhanden ist.

Dr. Martin Schirmbacher, Fachanwalt für IT-Recht, HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin kommentiert an dieser Stelle aktuelle Urteile und Gesetze.

Wer Werbung im Internet betreiben will, kommt an Social Media als interaktives Marketing Tool nicht mehr vorbei. Social Networks wie Facebook, Studivz, LinkedIn, Xing oder  Twitter ermöglichen es sowohl kleinen Shopbetreibern, als auch großen Konzernen sich kostengünstig zu präsentieren.
Unternehmen, die sich erst spät dazu entschließen in die Welt des Social Media Marketings einzusteigen, werden häufig feststellen, dass ihr Unternehmens- oder Markenname in dem jeweiligen Social Network bereits vorhanden ist. Meist sind es private Nutzer, die zum Spaß Profile unter Firmennamen erstellt haben, um möglichst große Aufmerksamkeit auf das eigene Profil zu lenken. Die Registrierung unter einem fremden Marken oder Firmennamen, bei den genannten Social Networks, ist denkbar einfach. Beim automatisierten Anmeldevorgang findet eine Überprüfung in der Regel nämlich nicht statt.
Gegen das Grabbing von ID in Social Media können sich Unternehmen wehren. Wer feststellt, dass unter facebook.com/unternehmensname oder twitter.com/eigenemarke ein Trittbrettfahrer einen Account betreibt, hat gute Aussichten den Account zu holen, wenn er des Inhabers habhaft werden kann.

Beispiel – Irreführung bei Profilnamen
Unter www.facebook.com/apple findet sich das Profil einer privaten Nutzerin. Wer in einem Network »apple« im Profilnamen verwendet, darf nicht den (falschen) Eindruck erwecken, dass es sich um ein »offizielles« apple-Profil handelt.
a) Vergleich mit Domain-Grabbing
Die Kaperung von Markennamen in Social Networks ist vergleichbar mit dem Phänomen des Domain-Grabbings aus der Anfangszeit des World Wide Web: In den 90er Jahren mussten zahlreiche Unternehmen feststellen, dass ihnen clevere Geschäftsleute bei der Registrierung von Domains zuvorgekommen waren. Ein bekanntes Beispiel ist der Prozess der Shell AG, um die Domain www.shell.de, der erst im Jahre 2001 durch den Bundesgerichtshof zu Gunsten des Mineralölkonzerns entschieden wurde.
Bei der Vergabe von Domains gilt grundsätzlich das Prioritätsprinzip (»Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. «). Es ist jedoch unzulässig eine Domain nur deshalb zu registrieren, um sie dem Träger des entsprechenden Namens oder dem Inhaber der gleichlautenden Marke teuer zu verkaufen. Wer dies dennoch tut, handelt sittenwidrig und wird zur (kostenlosen) Freigabe der Domain verurteilt.
Das Domain Grabbing war und ist bis heute ein weltweites Phänomen. Die hohe wirtschaftliche Bedeutung von Domains hat jedoch dazu geführt, dass Domain-Spekulanten in aller Welt zur Freigabe und Löschung von Domains verurteilt werden.
Bisher sind in Deutschland noch keine Prozesse um Twitter-IDs oder Facebook-Profilnamen bekannt geworden.
Für die rechtliche Bewertung der ID-Fälle dürfte ähnliches gelten wie für die Domains. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, ob es die jeweilige ID nur einmal geben kann, oder ob mehrere gleichnamige Profile registriert werden können. Facebook und StudiVZ ermöglichen es, dass beliebig viele Profile unter demselben Namen oder Begriff angelegt werden können. Jedoch kann die URL www.facebook.com/unternehmensname natürlich nur einmal vergeben werden. Sobald sich mehr als 25 Personen als Fans auf einer „Seite“ registriert haben, wird von Facebook – auf Antrag – ein eigener Nutzername (Subdomain, z.B. facebook.com/unternehmensname) vergeben.

Bei Twitter kann ein Username hingegen jeweils nur einmal registriert werden. Die URL www.twitter.com/unternehmensname wird von Twitter automatisch vergeben, ohne dass der User darauf Einfluss nehmen kann.

b) Grenzen des ID-Klau: wettbewerbsrechtliches Irreführungsverbot, Markenrecht und Namensrecht
Grenze für die gewerbliche Benutzung fremder Marken und Namen ist online wie offline das wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbot. Zudem untersagt das Markenrecht die geschäftliche Benutzung fremder Marken und Geschäftsbezeichnungen. Zu guter Letzt ist das Namensrecht zu beachten, das die »Anmaßung« eines fremden Namens verbietet.
In den Nutzungsbedingungen der verschiedenen Social Networks findet sich daher zumeist der Hinweis, dass der Netzwerkbetreiber Profile mit gekaperten Bezeichnungen löschen wird. So schreiben die Facebook-Nutzungsbedingungen für Subdomains vor, dass eine Anmeldung nur erfolgen darf, wenn der Namensnutzung keine fremden Kennzeichenrechte entgegen stehen.
In der Realität existieren jedoch häufig mehrere „Seiten“ zu ein und demselben Unternehmen, was den Schluss naheliegen lässt, dass eine strikte Authentifizierung gerade nicht stattfindet. Die Unterscheidung welche Seiten nun echt und welche gefälscht sind fällt oft schwer. So finden sich auf Facebook fünf verschiedene „Apple-Seiten“, die alle immerhin mit mehreren 10 000 Fans aufwarten können.

c) Mögliche Maßnahmen gegen ID-Grabbing:
Sollte ein Unternehmen feststellen, dass Nutzernamen an unberechtigte Dritte vergeben worden sind, ist es ratsam den ID-Klau bei dem jeweiligen Netzwerkbetreiber als Missbrauch zu melden und um Löschung des falschen Profils nachzusuchen. Auch wenn die Antwort auf eine solche Anfrage bei den zumeist in den USA ansässigen Anbietern längere Zeit dauern kann, ist die Löschung durch den Netzwerkbetreiber zurzeit noch der einfachste und effektivste Weg.
Die Betreiber von Facebook und anderen Netzwerken leben zum erheblichen Teil von Werbeeinnahmen und haben daher ein Interesse daran, potenziellen Werbekunden ein seriöses Umfeld zu bieten. Zudem möchte kein Anbieter in Rechtsstreitigkeiten um Fake-IDs und gekaperte Profile hereingezogen werden.
Die rechtlichen Instrumentarien zur Bekämpfung des Missbrauchs von Social Network-IDs sind in Deutschland allerdings auf jeden Fall vorhanden; der Ausgang von Prozessen um MySpace- und Twitter-IDs lässt sich anhand der zahlreichen Urteile zu Domainstreitigkeiten gut einschätzen.

Dr. Martin Schirmbacher ist Fachanwalt für IT-Recht in der auf Medien und Technologie spezialisierten Kanzlei HÄRTING Rechtsanwälte. Gerade ist sein neues Buch „Online-Marketing und Recht“ erschienen. Einzelheiten dazu finden Sie unter www.online-marketing-recht.de.

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2 comments

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      Dr. Martin Schirmbacher says:

      Das kommt auf die Einzelheiten an. Je seltener der Name, um so eher gibt es Möglichkeiten. Auch wenn das gezielt geschieht, um Ihnen zu schaden sind die Chancen größer, als wenn das ein unbekannter ist.

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