Leistungsschutz für Verleger – Was geht mich das an!?

Seit Jahren streitet die Lobby der Presseverleger für ein eigenes Leistungsschutzrecht. Nun zeigen  sich die Früchte. Im Juni und Juli sind jeweils Referentenentwürfe im Internet bekannt geworden, die ein solches Leistungsschutzrecht vorsehen. Von Daniel Schätzle, Rechtsreferendar in Berlin

 

Die Diskussion darüber ist seitdem stark erhitzt. Neben den befürchteten Auswirkungen auf die Informations- und Kommunikationsfreiheiten, hat ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger Auswirkungen auf das Online-Marketing von Unternehmen.

 

Worum geht es?

Neben den Printmedien betreiben alle großen Zeitschriften- und Zeitungsverlage Internetseiten, auf  denen sie Artikel veröffentlichen. Diese Artikel sind zumeist kostenfrei abrufbar. Die Seiten werden überwiegend durch die Gewinne der Printmedien, zum Teil auch durch Online-Anzeigen, finanziert. Bisher konnten sich die Verlage mit kostenpflichtigen Angeboten im Internet kaum etablieren. Gleichzeitig greifen Suchmaschinen und News-Aggregatoren wie Google News auf die Inhalte der Verlage zu. Überschriften und kleine Textausschnitte (sog. Snippets) werden übernommen und auf den eigenen Seiten dargestellt. Der BGH hat entschieden, dass damit keine Urheberrechtsverletzung begangen wird (BGH v. 17.7.2003, Az. I ZR 259/00 – Paperboy). Mit der auf diesen Seiten geschalteten Werbung verdienen Suchmaschinen und Aggregatoren gutes Geld, allen voran Google.  Dies ist den Verlagen ein Dorn im Auge und sie möchten an den Einnahmen beteiligt werden. Dies soll über ein neues Leistungsschutzrecht geschehen.

 

Was ist ein Leistungsschutzrecht?

Das Urheberrechtsgesetz kennt neben dem Urheberrecht verwandte Schutzrechte, die sog.  Leistungsschutzrechte. Das Urheberrecht steht dem Schöpfer eines Werkes zu, welches eine gewisse individuelle Gestaltungshöhe aufweist. Der Journalist eines Artikels, der Songtexter, der Drehbuchautor sind Urheber. Es bedarf jedoch weiterer Leistungen, damit ein Werk in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Ein Song muss vertont und ein Drehbuch verfilmt werden. Derartige Leistungen, die nicht urheberrechtsfähig sind, honoriert das Urheberrecht mit den Leistungsschutzrechten, z.B. das Recht des Tonträgerherstellers (§§ 85 f. UrhG) und das Recht des Filmherstelles (§§ 88 ff. UrhG). Diese Rechte sind dem Urheberrecht angenähert. Ein Leistungsschutzrecht für Verleger, die dazu beitragen, dass ein Artikel in einer Zeitschrift, Zeitung oder Online an die Öffentlichkeit gelangt, existiert bisher nicht.

 

Was sehen die Referentenentwürfe vor?

Referentenentwürfe sind gewissermaßen eine Vorstufe zu den von der Bundesregierung in den Bundestag eingebrachten Gesetzesentwürfen. Sie werden zumeist in einem Referat der  Bundesministerien ausgearbeitet und der Bundesregierung zugeleitet. Diese beschließt im Kabinett darüber, ob sie den Entwurf als Gesetzesvorhaben in den Bundestag einbringt. Loading…Die Entwürfe sehen vor, dass den Presseverlagen das ausschließliche Recht eingeräumt wird, Presserzeugnisse oder Teile davon zu gewerblichen Zwecken im Internet öffentlich zugänglich zu machen. Bloße Verlinkungen sollen hiervon nicht betroffen sein. Nach der Begründung werden bereits kleinste Teile von dem Recht erfasst, also auch Überschriften und Snippets. Der erste Entwurf sieht vor, dass die Veröffentlichung im Internet zulässig ist, soweit dies nicht zu gewerblichen Zwecken erfolgt. Dabei soll der Begriff „gewerbliche Zwecke“ nach der Begründung sehr weit zu verstehen sein.Damit würde die Verwendung der Überschrift oder auch nur kleinster Ausschnitte eines Presseartikels erlaubnispflichtig, sobald nur irgendwie ein Bezug zu einer beruflichen Tätigkeit  hergestellt werden kann.

Der zweite Entwurf sieht eine Erlaubnispflicht nur noch vor, soweit es um die Veröf-fentlichung in einer Suchmaschine geht. Damit würde das Leistungsschutzrecht für Pres-severleger angesichts der Marktmacht von Google faktisch zu einem „lex google“ mutieren, einem nur auf Google ausgerichteten Gesetz. Im Hinblick auf das Verbot von Einzelfallgesetzen (Art. 19 Abs. 1 GG) ist dies problematisch. Die Presseverlage können mit diesem Entwurf nicht zufrieden sein, die Gegner eines Presseleistungsschutzrechtes und Google selbst sowieso nicht.

Gerüchte über einen dritten Entwurf wurden vom Justizministerium dementiert. Andererseits wurde ein erwarteter Kabinettsbeschluss verschoben. Deswegen und wegen der Problematik eines Einzelfallgesetzes ist zu erwarten, dass die Entwürfe nur einen vorläufigen Zwischenstand wiederspiegeln. D.h., dass entweder das Presseleistungsschutzrecht gar nicht kommt oder – eher wahrscheinlich – weiter geht als in dem zweiten Entwurf vorgesehen.

 

Was geht mich das an?

Das von den Presseverlagen gewünschte Leistungsschutzrecht richtet sich gegen Such-maschinen und Aggregatoren. Sollten die Aggregatoren wieder in den Entwurf aufgenommen werden, dürfte es jedoch schwer fallen, eine Abgrenzung gegenüber allen anderen gewerblichen Verwendungen zu treffen. Was ist mit Twitter, Google+ oder Facebook? Unternehmen, die Online-Marketing betreiben, tun dies vielfach auch mittels dieser Plattformen. Hält ein Unternehmen einen Twitter-Account bereit, um seine (potenziellen) Kunden mit Nachrichten zu bestimmten Themen zu versorgen, stellt sich die Frage, ob eine Lizenz eingeholt werden muss, wenn der Tweet auf einen Pressartikel hinweist. Denn das Unternehmen agiert dann nicht viel anders als ein Aggregator. Dem kann man zum Teil entgehen, indem man darauf achtet, keine Formulierungen aus dem entsprechenden Presseartikel zu verwenden, sondern eine eigene Wortwahl.Problematischer ist dies bei der Einbindung von Links. Postet ein Unternehmen über seinen Unternehmens-Account bei Facebook oder Google einen Link zu einem Presseartikel, wird automatisch ein Auszug desselben Artikels mit angezeigt. Loading…Selbst wenn man mit eigenen Worten in seinem online einsehbaren monatlichen Newsletter über ein bestimmtes Thema berichtet und dann lediglich auf einen entsprechenden Presseartikel verlinkt, ist dies problematisch. Zwar sehen die Begründungen zu den bisherigen Entwürfen vor, dass Verlinkungen auch zukünftig weiter zulässig sein sollen. Allerdings besteht die URL nicht selten auch aus der Überschrift zu einem Presseartikel. Wenn aber die Überschrift vom Leistungsschutzrecht erfasst sein soll, ist es unklar, ob dies auch für die Verwendung der Überschrift in der URL gilt.

Dann verlinke ich nicht mehr auf Verlagsseiten! Dies wäre ein gangbarer Weg. Das Internet bietet eine große Bandbreite alternativer In-formationsangebote. Ein Konflikt entsteht aber dort, wo eine große Tageszeitung positiv über die Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens berichtet. Das Unternehmen dürfte ein hohes Interesse daran haben, einen derartigen Artikel auf der eigenen Webpräsenz oder in den sozialen Medien hervorzuheben. Tut es dies mittels Textausschnitten bzw. der Überschrift, stellt sich erneut die Frage nach einer Erlaubnis.

 

Fazit

Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger befindet sich noch ganz am Anfang auf dem Weg zu einem tatsächlichen Gesetz. Derzeit ist die Verwendung von Überschriften und kleinen  Textausschnitten, um auf Presseartikel hinzuweisen, nicht rechtswidrig. Es gibt jedoch Verlautbarungen, dass ein Leistungsschutzrecht noch in diesem Jahr kommen soll. Daher lohnt es sich für ein Unternehmen, die Diskussion über ein Leistungsschutzrecht für Verleger zu verfolgen. Je nach der konkreten Ausgestaltung der Gesetzesentwürfe bietet sich dann eine Anpassung der eigenen Online-Marketing-Strategie an.

Daniel Schätzle hat in Berlin und London Rechtswissenschaften studiert. Derzeit ist er Rechtsreferendar in Berlin. Begleitend zu Studium und Referendariat beschäftig er sich mit dem Internet- und Medienrecht. Näheres zur Person erfahren Sie hier.

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One comment

  1. Hun says:

    google sollte die seiten aus ihren listen sperren oder ganz nach hinten legen mal sehen wo die dann mit ihren suchbbegriffen auf tauchen die sie extra für suchmaschinen wie google eingebunden haben

    klagbar war google übrigens weil es in deutschland investierte, merke dass schadet dir nur selbst in einem land wo niemand robot.txt kapiert.

    User sollte den verlagen helfen indem sie seiten über ihren google account sperren dann muss sie auch niemand mehr ansehen.

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