Verstöße gegen Unterlassungserklärungen und wie man sie vermeidet

Abmahnungen im E-Mail-Marketing sind an der Tagesordnung. Sind die geltend gemachten Unterlassungsansprüche berechtigt, lässt es sich bisweilen nicht vermeiden, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Verstößt man dagegen, wird die vereinbarte Vertragsstrafe fällig. Ob aber ein Verstoß vorliegt, hängt von dem Wortlaut der Unterlassungserklärung ab, wie ein Urteil des LG Heidelberg zeigt. Von Dr. Martin Schirmbacher, HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin.

Abmahnung, Unterlassungserklärung, Vertragsstrafe. Wie hängt das zusammen?

Unternehmen, die per E-Mail Werbung versenden, werden nicht selten mit Abmahnungen konfrontiert. Nicht vollständig saubere Verteiler, Tippfehler in der E-Mail-Adresse, bösartige Abonnenten – die Liste der Gründe für eine Abmahnung ist lang.

Für die Kenner, ist das alles nicht neu. Wer aber bei einem Abmahnschreiben in erster Linie an die Anwaltskosten von wenigen hundert Euro denkt, die mit der Abmahnung in der Regel geltend gemacht werde, sollte sich darüber klar werden, dass das eigentliche Risiko in der Unterlassungserklärung liegt, deren Abgabe der Abmahnende fordert.

Doch der Reihe nach: Die unerbetene Werbung per E-Mail gibt dem Empfänger (aber auch Wettbewerbern und klageberechtigten Verbänden) einen Anspruch auf Unterlassung der Übersendung weiterer E-Mails. Während ein Zahlungsanspruch einfach dadurch erfüllt wird, dass man die fällige Zahlung leistet, bekommt man einen Unterlassungsanspruch nur durch Abgabe einer so genannten strafbewehrten Unterlassungserklärung aus der Welt. Darin verpflichtet sich der Schuldner, eine Vertragsstrafe für den Fall zu zahlen, dass er das beanstandete Verhalten in Zukunft – entgegen seines Versprechens – wiederholt. Im Zuge der Abgabe der Unterlassungserklärung kommt ein Unterlassungsvertrag mit dem Gläubiger zustande. Verstößt der Schuldner erneut, hat der Gläubiger einen vertraglichen Zahlungsanspruch – auf die Vertragsstrafe nämlich. In Abhängigkeit von dem Wortlaut der abgegebenen Erklärung kann die Strafe vom Gläubiger nach billigem Ermessen festgelegt (und gegebenenfalls vom Gericht der Höhe nach überprüft) werden oder in der Erklärung wird eine fixe Summe für den Fall des Verstoßes festgesetzt. Bei vielen Unterlassungserklärungen liegt diese Summe knapp über 5.000,- Euro.

In dem Vertragsstrafeversprechen und dem Risiko eines Verstoßes liegt also das Damoklesschwert der Unterlassungserklärung und damit der Abmahnung. Dagegen sind die Abmahnkosten, die als Schadensersatz mit der Abmahnung geltend gemacht werden, geradezu Peanuts.

 

Formulierung der Unterlassungserklärung entscheidend

Damit ist offensichtlich, dass bei der Formulierung von Unterlassungserklärungen große Sorgfalt an den Tag zu legen ist. Wer wegen angeblich unerlaubter Werbung per E-Mail abgemahnt wird, muss also größte Sorgfalt bei der Abgabe der Unterlassungserklärung walten lassen. Kleinigkeiten können entscheiden, ob später – bei einem versehentlichen Verstoß – eine Vertragsstrafe fällig wird.

 

Vertragsstrafe fällig? Eine Frage der Auslegung

Ein Urteil des Landgericht Heidelbergs beschäftigte sich mit der Frage, ob ein Unternehmen eine Vertragsstrafe zu zahlen hat, wenn ursprünglich wegen der Übersendung von Katalogen abgemahnt wurde. Das Gericht setzte sich mit der Historie und dem Wortlaut der Unterlassungserklärung auseinander. Der Ausgangsabmahnung lag eine Abmahnung wegen der Übersendung von Print-Katalogen zugrunde. Der spätere Kläger hatte nach Beendigung der Geschäftsbeziehung jeder weiteren Verwendung seiner Daten insbesondere zu Werbezwecken widersprochen und – Jahre später – einen weiteren Katalog erhalten.

Auf die Abmahnung des Umworbenen gab das Unternehmen eine eingeschränkte Unterlassungserklärung ab und verpflichtete sich, in Zukunft an konkret benannte Postadressen keine Werbeschreiben zu übersenden. Zwei Monate später erhielt der spätere Kläger eine E-Mail, die Werbung für einen Newsletter der späteren Beklagten enthielt. Daraufhin machte das umworbene Unternehmen die Vertragsstrafe geltend…

…und verlor vor dem Landgericht Heidelberg (Urteil vom 28.3.2013, Az. 3 O 183/12). Das Gericht stellte zunächst auf den Wortlaut der Unterlassungserklärung ab, in der auf Postanschriften Bezug genommen wurde. Schon deshalb könne E-Mail-Werbung nicht die Vertragsstrafe auslösen. Auch die Historie, nämlich dass die Versendung von Print-Katalogen abgemahnt wurde, spreche deutlich gegen eine erweiterte Auslegung.

Zwar seien Unterlassungserklärungen grundsätzlich so auszulegen, dass sie weit verstanden werden. Dies sei jedoch nicht zwingend und es müsse stets ermittelt werden, was die Parteien bei Abschluss des Unterlassungsvertrages vereinbaren wollten. Hier spreche alles dafür, dass gerade eine Beschränkung auf die Printwerbung beabsichtigt gewesen sei.

Die Entscheidung ist ein Einzelfall und kann nicht dahin verallgemeinert werden, dass Online-Werbeformen von Unterlassungserklärungen, die nur die Offline-Werbung betreffen oder gar allgemein Werbung ohne Einschränkung hinsichtlich des Mediums untersagen, Verstöße, die im oder über das Internet erfolgen, nicht erfassten. Es kommt jeweils auf die einzelnen Umstände an. Grundsätzlich, das sagt auch das Landgericht Heidelberg, sei eher eine weite Auslegung geboten.

 

Vorsicht: zu enge Vertragsstrafeerklärung beseitigen den Unterlassungsanspruch nicht

Die Schlussfolgerung aus dem Heidelberger Richterspruch scheint auf der Hand zu liegen: Unterlassungserklärungen muss man möglichst eng fassen, um nicht Gefahr zu laufen, auch Umstände zu erfassen, die man zunächst nicht im Blick hat. Das ist grundsätzlich auch richtig.

Allerdings ist Vorsicht geboten. Eine Unterlassungserklärung beseitigt nur dann die Wiederholungsgefahr und schafft damit den Unterlassungsanspruch des Abmahnenden aus der Welt, wenn sie auch weit genug reicht und den berechtigten Anspruch insgesamt abdeckt. Wird die Erklärung daher zu eng gefasst, besteht das Risiko, dass die Gegenseite den verbleibenden Restanspruch gerichtlich verfolgt.

Im konkreten Fall kann man dann auch Fragen, ob das werbende Unternehmen die Unterlassungserklärung überhaupt auf konkrete Adressen beschränkt werden durfte. Die Parallelfrage bei E-Mail-Werbung hat das Landgericht Hagen zum Beispiel verneint.

 

Fazit

Die Entscheidung der Heidelberger Richter betrifft einen Spezialfall. Sie ist aber insofern wichtig, als sie die Bedeutung sorgfältig formulierter Unterlassungserklärung aufzeigt. Wer zur Vermeidung einer gerichtlichen Auseinandersetzung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung gezwungen ist, muss die Erklärung einerseits weit genug formulieren, um den gesamten Anspruch zu erfassen und so den Unterlassungsanspruch des Abmahnenden aus der Welt zu schaffen. Andererseits sollte stets geschaut werden, nicht unnötig weiter zu gehen, als dies erforderlich ist. Nicht selten entsteht im Falle eines Verstoßes später vermeidbarer Streit darum, ob die Unterlassungserklärung auch genau diesen Fall umfasst.

 

Dr. Martin Schirmbacher ist Fachanwalt für IT-Recht in der auf Medien und Technologie spezialisierten Kanzlei HÄRTING Rechtsanwälte und Autor des Buches Online-Marketing und Recht. Näheres zu seiner Person finden Sie hier.

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