BGH zur Einwilligung in mehrere Werbekanäle

Endlich ist es da – das lang ersehnte höchstinstanzliche Urteil zu Einwilligungserklärungen in die Werbung auf mehreren Werbekanälen!  Und es ist für die Werbebranche auch noch sehr erfreulich: Laut Gericht widerspricht es den Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG nicht, wenn sich die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Einwilligung eines Verbrauchers in die Kontaktaufnahme zu Werbezwecken auf mehrere Werbekanäle bezieht. Eine eigene Einwilligungserklärung für jeden Werbekanal sei nicht erforderlich.

Worum ging es?

Streitgegenstand war die folgende Klausel:

„Ich möchte künftig über neue Angebote und Services der T. GmbH per E-Mail, Telefon, SMS oder MMS persönlich informiert und beraten werden.

Ich bin damit einverstanden, dass meine Vertragsdaten aus meinen Verträgen mit der T. GmbH von dieser bis zum Ende des Kalenderjahres, das auf die Beendigung des jeweiligen Vertrages folgt, zur individuellen Kundenberatung verwendet werden. Meine Vertragsdaten sind die bei der T.GmbH zur Vertragserfüllung (Vertragsabschluss, -änderung, -beendigung, Abrechnung von Entgelten) erforderlichen und freiwillig abgegebenen Daten.“

Der Kläger hielt die Klausel wegen eines Verstoßes gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für unwirksam und mit den wesentlichen Grundgedanken des § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG unvereinbar. Im Instanzenzug wurde die Uneinigkeit über dieses Problem deutlich: Das Landgericht Köln wies die Klage zunächst ab. Das Berufungsgericht (OLG Köln) hingegen gab ihr statt. Der BGH wies die Berufung des Klägers wiederum als unbegründet ab.

Wie begründete der BGH seine Entscheidung?

Zunächst stellt der oberste Gerichtshof fest, dass es grundsätzlich nicht unzulässig sei, Einwilligungserklärungen in Werbung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu erfragen. Entscheidend sei vielmehr, ob diese Einwilligung den gesetzlichen Anforderungen genügt.

Dafür wird die Klausel einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1, 2 BGB in Bezug auf  § 7 Abs. 2 UWG  unterzogen, die dieser entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch standhält:

Willensbekundung in Kenntnis der Sachlage und für den konkreten Fall

Voraussetzung sei zunächst, dass die streitgegenständliche Klausel eine Willensbekundung in Kenntnis der Sachlage und für den konkreten Fall enthalte. Nach Auffassung des Gerichts könne ein verständiger und redlicher Durchschnittskunde verstehen, dass er mit der hier strittigen Erklärung eine Einwilligung erteilt und worauf diese sich bezieht. Während das OLG Köln den Begriff „individuelle Kundenberatung“ für den Gegenstand der Beratung in der Zeit nach Vertragsbeendigung noch stark bemängelte, hielt der BGH diesen für ausreichend deutlich. Es werde für den redlichen Verbraucher unmittelbar und hinreichend klar, dass mit „individueller Kundenberatung“ seine eigene Beratung während und nach der Vertragslaufzeit gemeint ist. Auch der Inhalt der angekündigten Beratung sei in der Klausel ausreichend verdeutlicht, da dem Kunden die angebotenen Produkte und Services umfänglich bekannt seien. Eine nähere Konkretisierung sei daher nicht erforderlich.

Erfordernis der spezifischen Einwilligungserklärung

Außerdem müsse die angegriffene Klausel auch das Erfordernis einer spezifischen Einwilligungserklärung erfüllen. Dieses Erfordernis legte der BGH schon in früheren Entscheidungen fest (BGH vom 16. Juli 2008, Az. VIII ZR 348/06). Danach bedarf es grundsätzlich einer gesonderten, nur auf die Einwilligung in die Werbung bezogenen Zustimmungserklärung. Die streitgegenständliche Klausel enthält in einer gesondert anzuklickenden Erklärung ausschließlich die Einwilligung in die Kontaktaufnahme zu Werbezwecken und sei somit zulässig. Dass sich die Einwilligungserklärung auch auf eine Werbung mittels verschiedener Kommunikationswege bezieht, widerspreche diesem Erfordernis nicht, sodass es einer gesonderten Erklärung für jeden Werbekanal – entgegen der Ansicht des OLG und anderer Gerichte (z.B. LG Berlin vom 09.12.2011, Az. 15 O 343/11) – nicht bedürfe. Zur näheren Begründung führt der BGH an: „Die gesetzlichen Voraussetzungen in § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG für die Einwilligung eines Verbrauchers in eine Werbung über die dort genannten Kanäle stimmen überein, so dass sich hieraus kein Grund für getrennte Einwilligungserklärungen ergibt“.

Darüber hinaus prüft das Gericht die Klausel auch unter Schutzzweckgesichtspunkten und befindet eine gesonderte Einwilligung für jeden Werbekanal als ebenfalls nicht erforderlich. Dies begründet es damit, dass auch in diesem Fall die Klausel alle für eine freie und informierte Entscheidung erforderlichen Angaben enthalte und dem Verbraucher verdeutliche, dass und auf welchem Weg seine Daten verwendet werden sollen. Damit sei dem Schutzzweck, personenbezogene Daten und die Privatsphäre vor neuen Risiken durch öffentliche Kommunikationsnetze zu schützen, ausreichend Rechnung getragen.  Laut Gericht stärke es den Verbraucherschutz nicht, wenn für jeden Werbekanal eine gesonderte Einwilligungserklärung abgegeben werden müsste. Vielmehr würde dies stets zulasten der Verwender gehen.

Zuletzt stellt der Gerichtshof fest, dass sich aus seiner vorherigen Rechtsprechung (siehe BGH vom 16.7.2008, Az. VIII ZR 348/06; Beschluss vom 14.4.2011, Az. I ZR 38/10) zur spezifischen Angabe bei einer Werbeeinwilligung nichts anderes ergibt und dieser Entscheidung nicht entgegenstehe. In diesen Fällen ging es nämlich jeweils darum, dass die Einwilligung in Werbung mit inhaltlich hiervon zu unterscheidenden Erklärungen verbunden war.

Was ist das Fazit aus dem Urteil?

Durch dieses Urteil hat der BGH einen langen Streit im Bereich des Online-Marketing beendet oder zumindest eine klare Linie vorgegeben. Entgegen der Erwartungen hat sich der BGH hier als eher verbraucherfeindlich und äußerst werbefreundlich gezeigt. Für die Marketing-Branche wird diese Entscheidung eine große Erleichterung sein, da die Einwilligungen in Werbung deutlich vereinfacht wird. Wer vorher noch lange überlegen musste, ob und wie er für jede einzelne Werbemaßnahme Einwilligungen einholen muss, kann nun mit einer Einwilligung mehrere Werbekanäle bedienen ohne eine Abmahnung zu befürchten.

Abzuwarten wird sein, wie die Entscheidung im Zusammenspiel mit den zukünftigen Anforderungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ab dem 25. Mai 2018 zu sehen ist. Denn mit der Einwilligung zur werblichen Kontaktaufnahme ist auch die Einwilligung zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten wie etwa der E-Mail Adresse oder der Telefonnummer sowie hier der Vertragsdaten. Damit ist der Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet. Diese fordert bei mehreren Zwecken auch mehrere Einwilligungen. Bei strenger Lesart wird das doch wieder auf gesonderte Einwilligungen für jeden Werbekanal hinauslaufen.

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